Im Bannstrahl der Massenpsychose
Seit Pandemiebeginn werden wir Zeugen eines massenpsychologischen Lehrstücks: Wie steckt man fast die ganze Weltbevölkerung in den Covid-Sack?
Wie bringt man eine ganze Bevölkerung unter gedankliche Kontrolle? Ein kleines Gedankenexperiment mag es veranschaulichen: Stellen wir uns einen Tisch mit Tischdecke vor. Der Tisch ist unsere Realität, die Tischdecke die geglaubte Realität und wir, die Bevölkerung der Erde, stehen alle zusammen auf dieser Tischdecke – und natürlich dem Tisch. Jetzt ziehen Akteure von Governance-Strukturen, großen Stiftungen, Expertenzirkeln, Regierungen, NGOs, Großkonzernen und Konzernmedien die Ecken und Enden dieser Tischdecke immer höher, bis sie den Sicht-Horizont der Tischdeckenbewohner gänzlich bedeckt. Wie leicht sind doch die Grenzen der Welt durch die Grenzen der Wahrnehmung zu bestimmen!
Medien sind Massenablenkungswaffen
In dieser künstlichen Umwelt, dem Kokon der Medienrealität, lebten wir schon vor der Pandemie. Dieser Kokon ist zugleich Element einer Herrschaftsform, die sich aktuell in eine in historischen Maßstäben nie dagewesene Herrschaft von sehr wenigen über sehr viele artikuliert. Doch erst durch die Pandemie wurde der Sack quasi «zugemacht». In der Pandemie zählt zum Beispiel, was die WHO sagt. Sie bestimmt durch den Inhalt der Begriffe (und ihre willkürliche Abänderung!) zugleich die Realität. Sie gibt auf der ganzen Welt vor, was eine Pandemie ist, was Herdenimmunität ist, was eine Impfung ist, wer als Covid-Toter zu gelten hat und was auf der ganzen Welt als wahr oder falsch zu gelten hat.
Mehr globale Definitionsmacht in den Händen weniger (und ihrer Geldgeber) war nie. Und was soll man sagen? Die globale Gesellschaft hat bisher darin versagt, eine angemessene Antwort darauf zu finden. Denn was Realität ist, bestimmen bekanntlich Massenmedien. Sie haben die Macht, die Aufmerksamkeit auf nur ein Thema zu lenken und es dadurch erst groß zu machen. Massenmedien sind Massenablenkungswaffen – «weapons of mass distraction» – und nicht nur im Krieg (aber da besonders) werden Journalisten zu Magiern der Moderne: Sie können Dinge aus dem Nichts erschaffen oder zum Verschwinden bringen.
Die gesamte Welt hängt gerade im fabrizierten Realitätssack fest, sie strampelt und ruft und kommt doch nicht raus. Wie soll man auch erkennen, was sich außerhalb des Sacks abspielt, wenn man drinsteckt? So entsteht der Eindruck einer einzigen Realität, eines einzigen Problems, einer einzigen Lösung, getragen von einer vermeintlichen Mehrheit einer hypnotisierten Masse.
Wie man eine Masse hypnotisiert
Das Thema «Psychologie der Massen» ist nicht neu aber es wurde noch nie in der Geschichte als globales Schurkenstück aufgeführt, überall zur gleichen Zeit, in der fast gleichen Intensität – eine schier unglaubliche Synchronisationsleistung. Im Laufe der Zeit wurde das Thema Massenformation durch viele Interpretationen gestaltet:
Bei Gustave Le Bon, der das Thema als erster popularisierte, steht die Verdummung des Einzelnen in der Masse im Vordergrund. Als Individuum kann der Einzelne noch so intelligent sein, in der Masse setzt das Denken aus.
Bei Freud steht, wie könnte es anders sein, die libidinöse Beziehung zur Führungsperson im Vordergrund.
Erich Fromm sieht psychologisch ein «autoritäres Gewissen» am Werk, welches die eigene innere Stimme, das «humanistische Gewissen», zum Verstummen bringt und überlagert.
Bei Elias Canetti («Masse und Macht») fürchtet der Mensch die Berührung mit dem Unbekannten und wird erst in der Masse von diesem Berührungsgefühl erlöst. Wenn andere die gleiche Furcht teilen, wird sie dem Einzelnen vertrauter. Das Unbekannte spiegelt sich in den vertrauten Gesichtern der vielen, wird erfahrbar, sichtbar und dadurch weniger unbekannt. Die Masse als Projektionsfläche eines Phänomens dient der Entlastung des Einzelnen. Die Masse sediert und beruhigt das Gewissen.
Mattias Desmet, Professor für Psychologie an der Universität Ghent, denkt insbesondere Canetti psychoanalytisch und sozialpsychologisch weiter, ohne ganz auf den Gedanken Le Bons von der Steuerbarkeit und Manipulierbarkeit der Massen zu verzichten. Desmet, der auch an einem Buch zum Thema «Massenformation» arbeitet, dürfte derzeit weltweit wohl der sichtbarste Forscher zu diesem Phänomen sein. Er bringt besonders deutlich auf den Punkt, wie Massenformation entsteht und warum sie so unglaublich perfide und effektiv ist.
Es gibt also eine Ebene der Voraussetzungen und eine Ebene der Folgen, die voneinander zu unterscheiden sind. Auf der Ebene der Voraussetzungen sind vier Elemente für eine Massenformation notwendig. Diese bilden sozusagen den Nährboden.
Isolation
Das Gefühl der Bedeutungslosigkeit
Ein freischwebendes, diffuses Angstlevel
Eine sich aufbauende Aggression
Bei Isolation mögen viele an Lockdowns und an das Social Distancing denken, aber genau genommen sind diese Phänomene nur die pandemiebedingte Spitze des Eisbergs. Anonyme Städte, Singlehaushalte, das Ausbluten von Vereinsstrukturen und das Verschwinden von Orten der Begegnung – gehörte das nicht auch schon vor Corona zur Isolation dazu? Das, was unter dem Begriff der Fragmentierung oder Atomisierung der Gesellschaft schon vor Jahren beschrieben wurde – förderte es nicht zugleich das Gefühl der Bedeutungslosigkeit? Die ständige Angstspirale in den Medien, egal ob Kalter Krieg, Waldsterben, Ozonloch, Tschernobyl, Arbeitslosigkeit, Terrorismus, Klimaerwärmung bis hin zu Corona – war das Geschäftsmodell der Medien salopp gesagt schon seit Jahren je etwas anderes, als die Erzeugung von Beklemmung und die Erhöhung diffuser Angstlevel? Das Verrohen der Alltagssitten, die gestiegene Gereiztheit, war sie nicht schon vor Corona ein Thema gewesen? Es braucht insgesamt wenig Phantasie, eine Massenformation zu erkennen. Die eingangs beschriebene Tischdecke, sie faltete sich schon vor der Pandemie über ganzen Gesellschaften zusammen.
Die perfide Wirkung der Massenformation
Besonders eindrücklich zeigt sich Desmets Theorie der Massenformation jedoch erst auf der Ebene der Folgen. Erst hier greifen unterschiedliche soziale und sozialpsychologische Phänomene wie Zahnräder ineinander. Erst hier entfaltet sich die fast unentrinnbare Wirkung einer herrschaftlich orchestrierten Mechanik, welcher der unbedarfte Einzelne fast nicht entrinnen kann.
Im Kern kann man hier erneut vier Schritte auseinanderhalten.
Erstens, es braucht immer ein Level der Angst in der Bevölkerung. Angst ist die Basis von allem. Dieses Level der Angst wird in der Bevölkerung bewusst erzeugt (siehe oben) und im Folgenden genutzt. Bezeichnenderweise (aber zufällig) habe ich dieses Thema in meiner NZZ-Kolumne vor Pandemiebeginn («Merry Crisis and a Happy New Fear») thematisiert, einfach weil es auch vor Corona schon überdeutlich zu sehen war. Angsterzeugung ist ein Geschäftsmodell des Medienbetriebs. Der Kognitionspsychologe Rainer Mausfeld (u.a. «Angst und Macht») ist sogar der Ansicht, dass es nur einen Grund für den Menschen gibt, überhaupt Zeitungen zu lesen: Er möchte wissen, ob die eigene Mikrowelt bedroht ist.
Zweitens, in dieser Stimmung der latenten und diffusen Grundängste taucht nun ein kollektives Angstobjekt auf (oder wird erzeugt). Etwas, vor dem sich alle rationalen Menschen zumindest zu sorgen haben. In unserem Fall ist es die Pandemie. Horrorbilder von kollabierenden Menschen, das Panikpapier des BMI von der bewussten Panikerzeugung in der Bevölkerung, ein nicht enden wollender Strom von Nachrichten. Die «Pandemie der Panik» ist gut dokumentiert.
Drittens, die Grundangst, so diffus und unterschiedlich sie sein mag, heftet sich nun an die gemeinsame kollektive Angst. Man kann sich diesen Vorgang wie bei einem chemischen Prozess vorstellen, bei dem eine Vielzahl kleiner, frei umherschwebender Elemente durch eine herbeigeführte Reaktion sich plötzlich ausrichten und an ein einziges großes Element andocken. Den vielen latent Ängstlichen kommt die eine Kollektivangst nun unterbewusst gelegen. Sie können ihre diffuse Angst plötzlich erklären, sind nicht mehr allein und erleben die psychologische Entlastung (hier schließt sich ein Kreis mit Canetti). Die Hauptangst ist nun gesamtprägend und richtet die Befindlichkeit des Einzelnen nach einer Haupt- oder Kollektivbefindlichkeit aus. Das Denken formiert sich, die Masse entsteht.
Viertens, nun wird der Sack zugemacht und der perfide Mechanismus wird in Gang gesetzt. Denn nun werden von der Politik Lösungen präsentiert, wie die Kollektivbedrohung zu meistern sei. Maskenpflicht, AHA-Regeln, Social Distancing. Es beginnt mit eingängigen Vorsichtsregeln, die jedem einleuchten: Hände waschen, anderen nicht ins Gesicht niesen, in die Armbeuge husten. Derartige Maßnahmen sind jedem vermittelbar, denn Vorsicht ist besser als Nachsicht, denkt selbst der massenpsychologisch nicht formatierte, individuell denkende Mensch.
Für die sich formierende Masse vollzieht sich jedoch noch ein anderer Mechanismus. Nicht nur sind die Maßnahmen für diese vernünftig und nachvollziehbar. Für sie kommt es zudem zu einer Überlappung der Grundangst mit der Kollektivangst und dann zu einer Delegation der Lösung der Kollektivangst auf die Politik, in der Hoffnung – ob bewusst oder unterbewusst – damit auch die diffuse, persönliche Grundangst loszuwerden. Der Politiker ist nun ein Retter. Und je krasser die vermeintlichen Rettungsbemühungen formuliert sind, desto mehr jubeln die Ängstlichen. Wer schon mal an einer Angststörung gelitten hat (ich spreche hier aus eigener, leidvoller Erfahrung) oder jemanden kennt, der weiß: in einer solchen Situation ist man für fast jede Lösung empfänglich.
In der Maschine der Massenformation
Dies ist das psychologische Stadium, in welchem man von einer «Massenformation» sprechen kann. Zur Bekämpfung der Hauptangst scheint nun jedes Mittel recht und die Spirale fängt an, sich zu drehen. Jedes bisher noch so unvorstellbare Heilsversprechen wird nun als adäquates Mittel zur Bekämpfung der Kollektivangst nicht nur diskutiert, sondern auch akzeptiert. Plötzlich sperrt man Gesunde in ihre Wohnungen ein, verbietet selbst Spaziergänge im Freien, es gibt nächtliche Ausgangssperren. Das Instrumentarium autoritärer oder totalitärer Regime wird ohne größere Gegenwehr durch die Bresche der Massenpsychose wieder eingeführt.
Die wirrsten Ideen der Vergangenheit scheinen plötzlich salonfähig. Wer all dies mit nüchterner Distanz betrachtet und mit dem Zustand von vor zwei Jahren vergleicht, kann fast nicht anders, als sich vorzustellen, dass nun alles möglich ist. Oskar Lafontaine hat dies in einer Folge von #allesaufdenTisch gesagt. Wenn jemand mit dem Vorschlag käme, dass nun alle Ungeimpften auf eine einsame Insel zu verfrachten seien, bekäme dafür womöglich eine Mehrheit. Der Soziologe Heinz Bude, einer der Experten, die das Bundesinnenministerium im Frühjahr 2020 zum berüchtigten «Panik-Papier» berieten, nahm in Bezug auf die Insel-Lösung sogar das Wort Madagaskar in den Mund. Auch die Nazis hatten ursprünglich den Plan, alle Juden nach Madagaskar abzuschieben.
Warum es trotzdem Hoffnung gibt
Die Lage ist ernst, doch nicht ausweglos. Denn so wie die Situation der Massenpsychose von Menschen verursacht wurde, kann sie auch von Menschen aufgebrochen werden. Ob die Mittel der Lösung jedoch die richtigen sind, ist eine andere Frage.
Was zuerst Hoffnung macht, ist der Blick auf das Angstkollektiv selbst, welches Mattias Desmet ebenfalls analysiert. Dieses Angstkollektiv ist zwar eine Mehrheit, aber eine in sich schwache, brüchige. Es ist eine kaum reflektierende, amorphe Masse. Kurz gesagt: 30% der Menschen (Ältere, Kranke, latent Ängstliche) hat man sofort in der Tasche, egal was man als Politiker in die Hirne hämmert. Weitere 40% machen einfach nach, was die ersten 30% tun. Fertig ist die Mehrheit. Danach wird es komplexer. Etwa 15% lassen sich gegen ihren Willen irgendwann weichkochen, sind aber nicht wirklich überzeugt. Die letzten 15% lassen sich gar nicht brechen, und davon vielleicht 3-5% leisten aktiven Widerstand. Es besteht also schon rein rechnerisch die Möglichkeit, die 30% Mitläufer einfach wieder umzudrehen.
Die Lösung von Desmet mag (mich zumindest) nicht zufriedenstellen, aber sie erklärt, wie stark Ängste wirken können. Konkret meint Desmet, dass ein Ausweg aus der Angstpsychose am ehesten durch einen Angstwechsel gelingen könnte. Wenn die Menschen mehr Angst vor Totalitarismus als vor der Pandemie hätten, wäre die erste Angst besiegt, der Panik-Kult würde zerbrechen.
Mich erinnert das ehrlich gesagt etwas an die berüchtigte Heilmethode Freuds, die er bei Morphin-Abhängigen erfolgreich anwendete. Er verabreichte ihnen Kokain. Mit der Folge, dass diese dann kokainabhängig waren. Ich meine, dass in diesem Fall vielleicht nicht unbedingt Gleiches mit Gleichem zu bekämpfen ist (zumindest widerstrebt es mir), sondern mit dem Gegenteiligen. Und das Gegenteil von Angst ist Humor. Wer lacht, ist unfähig dazu, Angst zu empfinden.
Es braucht vielleicht einfach nur mehr Satiriker, die sich trauen, ihr lustiges Metier wieder ernst zu nehmen; selten war es wichtiger, auch wenn allen gerade nicht zum Lachen ist. Marco Rima aus der Schweiz ist sicher einer der ganz wenigen, der noch nicht durch Angst berufsunfähig geworden ist. Lisa Fitz ebenfalls. Und kürzlich scheint auch Serdar Somuncu aufgewacht zu sein.
Aber zugegeben: Es ist schwer, die tägliche Realsatire zu überhöhen.
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"In der Pandemie zählt zum Beispiel, was die WHO sagt. Sie bestimmt durch den Inhalt der Begriffe (und ihre willkürliche Abänderung!) zugleich die Realität. Sie gibt auf der ganzen Welt vor, was eine Pandemie ist, was Herdenimmunität ist, was eine Impfung ist, wer als Covid-Toter zu gelten hat und was auf der ganzen Welt als wahr oder falsch zu gelten hat."
Diese Passage lässt sich noch durch das Interview, das der WHO Direktor Gaudenz Silberschmidt gestern Watson gegeben hat, unterstreichen. Einige herausgehobene Passagen:
- "Die gemeinsame Sprache, die sich durchgesetzt hat, kommt von der WHO."
- "In Zusammenarbeit mit Google haben wir es zum Beispiel geschafft, dass bei einer Corona-Suchanfrage immer verlässliche Informationen der WHO oder der nationalen Gesundheitsbehörden an erster Stelle kommen."
- "An Legitimation fehlt es uns nicht. Wir sind momentan die meistzitierte Organisation in den Weltmedien. Wenn wir in einem Text zitiert werden, dann nehmen die meisten Menschen das nicht als Meinung einer Organisation mit Hauptsitz in Genf auf, sondern als Wahrheit."
Kritische Nachfragen zu solchen Statements sucht man im Interview natürlich vergeblich.
https://www.watson.ch/schweiz/international/397817900-corona-die-pandemie-koennte-schon-laengst-vorbei-sein
die Schwarmintelligenz wird unweigerlich ansteigen, weil wir ja auch Teil des Schwarms sind, und ich habe null Absicht mein Intelligenzlevel zu senken - ganz im Gegenteil.
there is no way back, was das angeht