Gesucht: Inseln der Klugheit in einem Meer von Dummheit
Gegen die aktuelle Verkehrung der Logik und Vernunft gibt es durchaus Gegenmittel.
Viele fragen sich gerade: Ist es die Welt, die verrückt geworden ist oder bin ich es?
Wir leben in Zeiten, in denen die Verwirrung Methode hat und nur ein distanzierter Blick darauf hilft, nicht in den Strudel der Verdummung hineingerissen zu werden. Die Instrumente der täglichen Navigation werden bewusst gestört. Wenn nichts mehr stimmt, wenn alles auch das Gegenteil sein kann, wenn oben und unten und rechts und links vertauscht sind, folgt blinder Gehorsam bei den Massen und eine Sprechunfähigkeit bei denen, die noch ihre fünf Sinne zusammenhalten.
Werkzeugkasten der Weisen
Wo findet man Lehrmeister des Denkens, welche diese Zeit der Verwirrung und Geistesverdunkelung überbrücken helfen? Einer von ihnen ist Baltasar Gracián, ein gelehrter Jesuit aus dem 17. Jahrhundert, dessen Bücher «El Criticón» und «Die Kunst der Weltklugheit» Ratschläge mit Ewigkeitswert beinhalten, die den inneren Kompass wieder stärken. Kluge Gedanken sind in einer geistig verwüsteten Welt wie Tankstellen für die innere Gradlinigkeit. Für die Zeit der Verwirrung und des Zwiespalts rät er beispielsweise:
“Es ist das beste Mittel, sie ihren Lauf nehmen zu lassen; denn so beruhigen sie sich von selbst.”
Auch das gehört zum Werkzeugkasten des Weisen: Zu wissen, wann man etwas tun kann und wo nur die Zeit hilft, zu Ergebnissen zu kommen. Denn die Zeit ist ein Verbündeter, wenn man versteht, sie zu deuten:
“Die Zeit und ich nehmen es mit zwei anderen auf.”
Von Gracián kann man lernen, die Zeitläufte richtig zu deuten, vor allem wenn man den Eindruck hat, dass einem ein X für ein U vorgemacht wird:
“Wann hat man die Gedanken auf den Kopf zu stellen? Wenn verschmitzte Tücke redet. Bei einigen muss alles umgekehrt verstanden werden: Ihr Ja ist Nein und ihr Nein Ja.”
Wer mit diesen Zeilen im Hinterkopf die Aussagen von Politikern studiert und Zeitungen zwischen den Zeilen liest, kommt der Wahrheit gerade näher, als wenn er auch nur irgendwas für bare Münze nimmt. In einer Zeit, in der Zweifel als ketzerisch gelten, ist das Nachdenken und Selbstdenken die vornehmste besondere Pflicht.
“Nachdenken, und am meisten über das, woran am meisten gelegen. Weil sie nicht denken, gehen alle Dummköpfe zugrunde: Sie sehen in den Dingen nie auch nur die Hälfte von dem, was da ist; und da sie sich so wenig anstrengen, dass sie nicht einmal ihren eigenen Schaden oder Vorteil begreifen, legen sie großen Wert auf das, woran wenig und geringen auf das, woran viel gelegen, stets verkehrt abwägend. Viele verlieren den Verstand nur deshalb nicht, weil sie keinen haben. Es gibt Sachen, die man mit der Anstrengung seines Geistes untersuchen und nachher in dessen Tiefe aufbewahren soll. Der Kluge denkt über alles nach, wiewohl mit Unterschied: er vertiefet sich da, wo er Grund und Widerstand findet, und denkt bisweilen, dass noch mehr da ist, als er denkt: dergestalt reicht sein Nachdenken ebensoweit als seine Besorgnis.”
Man denkt bei diesen Zeilen unweigerlich an den “naiven Realismus”, der heute die Grenze dessen bildet, was als Thema verhandelt werden «darf» oder an den inflationär gebrauchten Begriff der Verschwörungstheorie, die jedes Nachdenken in die Tiefe oder Weite der Besorgnis verhindern soll. Für Gracián ist derjenige ein Dummkopf, der von den Dingen nicht mal die Hälfte begreift, was da ist. Kein Wunder, dass die Frage, ob experimentelle Impfstoffe eher schaden als nutzen in den letzten zwei Jahren nie öffentlich diskutiert worden ist und sich nur wenige diese Frage gestellt haben. Erst durch das Nachdenken, Vergleichen und Vertiefen wird man sensibilisiert für Propaganda, Falschheit und Lüge. Man beginnt, vom Ende her zu denken.
“Das Ende bedenken. Wenn man in das Haus des Glücks durch die Pforte des Jubels eintritt, so wird man durch die des Wehklagens wieder heraustreten, und umgekehrt.”
So in etwa könnte man die Impfkampagne weltweit zusammenfassen. Der Jubel über die Impfstoffe ist längst verhallt, die Lobreden sind schal geworden und wer wie ein Duracell-Äffchen applaudiert hat, ist inzwischen betreten verstummt. Gerade dominiert das Wehklagen über Nebenwirkungen, fehlende Effektivität und allgemeine Täuschung (siehe zuletzt in diesem Artikel). Millionen haben nicht vom Ende her gedacht. Ist es bei der Frage von Krieg und Frieden so viel anders? Dabei geht es nicht darum, vorher schon alles vermeintlich zu wissen, sondern sich «spürend voranzutasten». Das Gegenteil taten und tun permanent Politiker und ihre journalistischen Steibügelhalter.
Die Dummheit fällt mit der Tür ins Haus
“Die Dummheit fällt allemal mit der Türe ins Haus: denn alle Dummen sind verwegen. Dieselbe Einfalt, welche Vorkehrungen vernachlässigen lässt, macht sie nachher gefühllos gegen den Schimpf des Misslingens. Hingegen gehen die Klugen mit großer Vorsicht zu Werke. Ihre Kundschafter sind Aufpassen und Behutsamkeit: diese gehen forschend voran, damit man ohne Gefahr auftreten könne (…). Mit Zurückhaltung muss man voranschreiten, wo tiefer Grund zu fürchten ist. Die Schlauheit gehe spürend voran, bis die Vorsicht allmählich Grund und Boden gewinnt. Heutzutage sind im menschlichen Umgang große Untiefen: man muss bei jedem Schritt das Senkblei gebrauchen.”
Aus dem Vorausspüren ergibt sich Vorsicht, aus der Vorsicht ergibt sich Vorbereitung. Folgende Zeilen Gracians kann man als frühen Slogan des «Preppertums» lesen, als dieses noch nicht im Ruf stand, Häresie zu sein, sondern Weisheit:
“Im Glück aufs Unglück bedacht sein. Es ist eine gute Vorsorge, für den Winter im Sommer und mit mehr Bequemlichkeit den Vorrat zu sammeln. Zur Zeit des Glücks ist die Gunst wohlfeil und Überfluss an Freundschaften. Es ist gut sie zu bewahren für die Zeit des Missgeschicks, welche eine sehr teure und von allem entblößte ist.”
Gut beraten ist eben derjenige, der sich antizyklisch zu seiner Zeit positioniert. Das hilft, vieles zu ertragen, weil man Zeit gewinnt und sich Räume des Handelns eröffnet. In Zeiten des hitzigen Wirrwarrs ist es besser, ein paar Schritte zurückzutreten und das Geschehen von der Seitenlinie zu betrachten.
“Im Treiben des menschlichen Lebens gibt es Strudel und Stürme der Leidenschaften; dann ist es klug, sich in den sichern Hafen der Furt zurückzuziehen. Der Arzt braucht gleichviel Wissenschaft zum Nichtverschreiben wie zum Verschreiben, und oft besteht die Kunst gerade in Nichtanwendung der Mittel.”
Letzteren Satz sollten sich alle Impfärzte hinter die Ohren schreiben, bevor es Strafrichter in ihre Urteile schreiben. Sie waren unwissenschaftlich in der Nichtanwendung von Mitteln und werden dafür zur Rechenschaft gezogen werden, ob durch staatliche Richter oder gesellschaftliches Urteil. Wer persönliche Bereicherung über das Patientenwohl gestellt hat, dem sollte die Approbation entzogen werden und ein Strafverfahren wegen schwerer Körperverletzung blühen. Denn diese Leute waren und sind Drogendealer und keine Ärzte.
Am schwierigsten dürfte derzeit bei alldem, was wir gerade erleben wohl sein, die “Narren zu ertragen”, wie Gracián in Bezug auf Epiktet schreibt, für den dieses Ertragenkönnen die Hälfte der Weisheit ausmacht. Wer die anderen nicht ertragen kann, ziehe sich in sich selbst zurück, wo man nur noch sich selbst ertragen muss. Da fühle ich mich bei aller Menschenliebe irgendwo auch persönlich angesprochen. So auch beim letzten Ratschlag, den ich hier vorstellen will:
“Nicht gar zu fest ergreifen. Jeder Dumme ist fest überzeugt, und jeder fest Überzeugte ist dumm: Je irriger sein Urteil, desto größer sein Starrsinn. Die Festigkeit gehört in den Willen, nicht in den Verstand.”
Ich nehme aus alldem für mich und mein Schreiben mit, dass man die Zeit der Verwirrung am besten übersteht, wenn man sich denkend vorantastet und dabei stets mitdenkt, dass auch der andere Recht haben kann. Starrsinn in eigener Überzeugtheit ist Narrheit. Das bedeutet für mich zugleich jedoch nicht, Missstände erst dann zu beschreiben, wenn sie eingetreten sind und alle schon bis zum Halsim Sumpf stehen. Publizistik als voraustastende Antizipation, als Deutung der Zeichen der Zeit, statt rückblickende Schlaumeierei nach vollendeten Tatsachen: So will ich es halten.
Die Zitate stammen aus: Baltasar Gracián, «Die Kunst der Weltklugheit». Übersetzt von Arthur Schopenhauer, Emil Oesch Verlag Thalwil.
In diesem Sinne danke ich Ihnen schon jetzt für hunderte Mails auf meinen letzten Beitrag, in denen sie mich einerseits für meine Arbeit viel loben aber mir auch mein Unschärfen und blinden Flecken aufzeigen. Publizistik ist für mich keine Einbahnstraße, sondern ein Prozess des Lernens voneinander. Ich fühle mich mehr als privilegiert, in Zeiten der Verwirrung ein denkendes Publikum zu haben und eben keine blinde Followerschaft.
Mein Buch “Wenn´s keiner sagt, sag ich´s” (Spiegel-Bestseller) mit den besten Kolumnen der letzen zwei Jahre ist im regulären Buchhandel oder hier bestellbar.
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Dieses schöne Zitat aus dem gleichen Buch von Gracian will ich nicht vorenthalten, danke an Leserin JocelynLopez: "In allem geht stets die Lüge voran, die Dummköpfe hinter sich ziehend am Seil ihrer unheilbaren Gemeinheit; die Wahrheit aber kommt immer zuletzt,
langsam heranhinkend am Arm der Zeit". https://twitter.com/JocelyneLopez/status/1567513448711323654
"Zeit der Verwirrung und Geistesverdunkelung" - schön auf den Punkt gebracht.
nur cp von soeben >>„Die Welt gehört in Kinderhände“. Bähböh, Habäh, Özdämli und wie sie alle heißen … die durchgeimpfte Affenpockenbande, die „nicht berechnet, was sie tut“ und von der uns Herbert Grönemeyer verheißen hat, dass sie uns „in Grund und Boden lachen“ wird, macht nun Schluss mit Lustig: Das Narrenschiff wird versenkt.
Grönemeyers Waisenkinder – zwischenzeitlich von Onkel Klaus adoptiert und fürstlich alimentiert – kennen nun keine roten Linien mehr. Die Eltern sind aus dem Haus, Onkel Klaus hat ihnen die Hosentaschen mit Trinkgeld vollgestopft – jetzt ist sturmfreie Bude! Rausgeholt wird jetzt das Familienporzellan aus den Schränken und unter schallendem Lachen an die Wände geworfen. Ja ey lol! Nicht nur Veuve Clicquot und Krimsekt fließen in Strömen ohne Ende, auch das Blut der Ukrainer, die man via Twitter anfeuert wie eine Fußballmannschaft, damit sie mehr Tore schießt bzw. mehr Russen erschießt. Angesichts der täglichen Masse an Likes und Schlachtgesängen, die von der Tribüne der westlichen Zuschauer erschallen, können die Ukrainer fast gar nicht anders als „bis zum letzten Ukrainer“ zu kämpfen, wie es der Offshore-Millionär Selenski angekündigt hat ... <<
https://www.nachrichtenspiegel.de/2022/09/07/lachend-in-die-apokalypse-wir-faffen-aff-groenemeyers-heissersehnte-wunschkinder-endlich-an-der-macht/