Liebe Völker Europas: Verlasst die EU, solange ihr noch könnt!
Früher war ich ein glühender Freund der Europäischen Union. Jetzt rufe ich ich zum EU-Exit auf. Was ist dazwischen passiert?
Hier schreibt ein ehemals glühender Anhänger der Europäischen Union. Fasziniert studierte ich u.a. Europarecht in Paris, vertiefte mich in unzählige Verordnungen und stöberte in den Untiefen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die Urteile hatten oft tönenden Namen wie „Brasserie du Pêcheur gegen Bundesrepublik Deutschland“ oder die „Cassis de Dijon-Entscheidung”. Wenn ein Staat die Biere oder Liköre eines anderen Staates nicht als gleichwertig anerkannte oder deren Verbreitung anderweitig behinderte, gab es mächtig Ärger von den EuGH-Richtern in Luxemburg. Gleiches Recht auf Trinken für alle, das konnte keine schlechte Idee sein. „Freude trinken alle Wesen, an den Brüsten der Natur, Alle Guten, alle Bösen folgen ihrer Rosenspur.“, heißt es in Schillers „Ode an die Freude“, einer freimaurerischen Auftragsarbeit, welche von Beethoven in seiner 9. Symphonie vertont wurde – die EU verleibte sich das Ganze als Hymne ein.
Erkaufte Liebe erkaltet schneller
Freier Binnenmarkt über alles! Das alles tat es mir damals dermaßen an, dass ich mich sogar mal bei der EU-Kommission als Beamter beworben habe im berühmten internationalen „concours“. Gott sei Dank wurde nichts draus. Doch von den Prestigejobs in Brüssel schwärmten damals viele meiner Jus-Kollegen. Ein Job in Brüssel war ein Ritterschlag für die eigenen Karriere. Meine Liebe zur EU war allerdings ein klein wenig erkauft. Oder anders gesagt: Ich war natürlich ein Profiteur der Europäischen Einigung, des Annäherungsprozesses zwischen Deutschland und Frankreich. Die EU als große Friedensklammer brachte alte Feindschaften zum Erliegen, ich durfte in einem deutsch-französischen Doppeldiplomprogramm studieren und flanierte beseelt von Europa durch Paris, während andere ihr Erasmus-Stipendium in Nizza oder Barcelona vertranken. Ich lebte in der vermeintlich besten Zeit, die es je gab: freies Reisen über die Grenzen der Nationalstaaten hinweg, Bezahlung in der gleichen Währung, alle Menschen werden Brüder!
Go East! Sehen wir uns “Stromaufwärts zur Quelle”, also auf Lesereise ? Heute geht es vom schönen Bayern (Hotel Seinz in Bad Kohlgrub) weiter in den wilden Osten! Die nächsten Termine heute und morgen:
Heute, 16.03., Freiberg/Sachsen, Städtischer Festsaal, 19 Uhr, Eintritt frei/Spende
17.03., Dresden, Bräustübel 11 Uhr (Matinee), mit Kilian Forster am Kontrabass und Moderation, Restkarten u.a. hier.
Alle weiteren Termine gibt es wie immer hier, Sie können sich gerne eintragen, um uns die Raumplanung zu erleichtern.
Diese Liebe ist nicht nur erkaltet, sie hat sich inzwischen in offene Ablehnung verkehrt. Eine Europäische Union, die sich strikt und zurückhaltend im Rahmen der mit den Mitgliedstaaten ausgehandelten Verträge bewegt, gab es so vermutlich nie. Die EU drängte es schon immer Richtung Expansion: Immer weiter in die Tiefe, immer neue Mitgliedstaaten im Außen, mit den eigenen Kriterien nahm man es gerne nicht so genau. Wo die Verträge wenig eindeutig waren, half der Gerichtshof mit europarechtsfreundlicher Auslegung nach, ihm mussten sich die nationalstaatlichen Gerichte quasi unterwerfen, bis hin zu den Verfassungsgerichten. Was an Recht und Verfassung teils über Jahrhunderte erkämpft wurde, konnte Brüssel in wenigen Jahrzehnten aushöhlen: 80% der nationalstaatlichen Regelungen kommen heute von der EU. Wer nicht folgt, kann verklagt werden. Aus einem Verhältnis auf Augenhöhe ist ein gefrässiger Leviathan geworden, der nur ein Anliegen hat: Mehr Macht für mich, weniger für euch. Wenn die Macht sich in anonyme Strukturen verabschiedet, in Glaspalästen und Betonbunkern residiert, verwaltet von gesichtslosen Bürokraten, spricht man von „umgekehrtem Totalitarismus“ (Sheldon Wolin), der aktuellen Entartungsform der Demokratie, für welche die EU seit jeher ein dankbares Anschauungsobjekt bot.
Hätte man es sich nicht denken können? Jede Bewegung, jede Idee verändert sich, sobald man anfängt sie in rechtliche Gefässe zu füllen. Zwangsläufig bildet sich mit der Bürokratie eine eigene Machtelite heraus, die zuerst vorgibt, der Sache zu dienen und irgendwann ihre Eigeninteressen entdeckt und schliesslich bis aufs Blut verteidigt. „Das eherne Gesetz der Oligarchie“ nannte das vor über 100 Jahren der Soziologe Robert Michels.
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