Zeit für den Aufstieg aus dem Abgrund der Angst
Despotismus lohnt sich am Ende nie – Widerstand dagegen immer. Warum Mut stärker ist als Angst.
Der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d´Estaing soll regelmäßig seine Leibwächter zur Verzweiflung gebracht haben. Grund: der Präsident büxte nachts gerne mal aus dem Elysée-Palast aus, um seinem Hund die Straßen von Paris zu zeigen. Um die eigene Sicherheit besorgt war er nicht, frei nach dem Motto: «Die Franzosen haben mich gewählt, warum sollten sie mir etwas anhaben wollen?» Ähnlich war das Bild lange Zeit für Bundesräte in der Schweiz, die ganz volksnah und unbehelligt im Tram fahren konnten. Vor kurzem wurde bekannt, dass Bundesrat und Gesundheitsminister Alain Berset sogar im Skiurlaub rund um die Uhr Leibwächter bei sich hatte. Was sagt uns das?
Machtkonzentration hat einen Schattenpreis
In den letzten Jahren wurde die Politik autoritärer, gesprächsunwilliger und alternativenblinder. Der Machtstaat sprach, der Rechtsstaat hatte Pause. Im Ausnahmezustand galt: Not kennt kein Gebot. Autoritäre Denker wie De Maistre und Carl Schmitt wurden aus der Mottenkiste reaktiviert. Das Wort von der Hygiene-Diktatur machte die Runde, eine neue Form des demokratischen Despotismus breitete sich aus. Der Staat zog die Samthandschuhe aus und große Teile der Bevölkerung ließen sich von einer aufgeblasenen Gefahr in den Bann schlagen. Alain Berset personifizierte die Machtkonzentration wie kein zweiter. Das Gesundheitsdepartement regierte exzessiv durch, machte selbst vor evidenzlosen Maßnahmen und der großen Impflüge nicht halt. Doch jeder Machtzuwachs kommt mit einem Schattenpreis. Von Caligula bis Gaddafi & Co. gilt beispielhaft: Wer mit Furcht durchregiert, lebt selbst in ständiger Angst.
Die gefährlichste Droge unserer Zeit, für einen selbst und für andere, ist: Macht. Wer in ihren Bann gerät, beginnt, sich wie ein Junkie zu verhalten, der Angst davor hat, den nächsten Schuss nicht zu bekommen. Machtsucht geht über Leichen. Sie löst echte Bindung auf, stellt die Logik auf den Kopf, munitioniert sich mit Lüge und Täuschung – und baut eine Wagenburg auf unsicherem Grund. Macht, die sich auf Gefolgschaft durch Furcht stützt, gedeiht nur kurzweilig durch einen Cocktail aus Paranoia, exzessivem Verhalten und Willkür, was wiederum den Gegendruck in der Bevölkerung erhöht. Schon der französische Revolutionsredner Mirabeau notierte in seinem «Essai über den Despotismus», dass die Nation letztlich immer stärker ist und sich früher oder später am Tyrannen rächt.
Zu jeder Machtkonzentration gehört naturgemäß, dass es nie Alternativen zu ihr geben darf. Es braucht deshalb Steigbügelhalter, welche die Realität politisch korrekt frisieren. Medienbetriebe in der Umlaufbahn der Macht werden zu Illusionsmalern, sie überzeichnen Gefahren und retuschieren unangenehme Informationen weg. Dies nimmt immer groteskere Züge an, bis auch diese Macht vollständig erodiert. Schon jetzt sind die Lücken unübersehbar: Wo ist die Diskussion über die Urheber der Pipeline-Sabotage in der Ostsee? Wo ist die Diskussion über gefährliche Gain-of-Function Forschung in Wuhan rund um Anthony Fauci, der sich um Kopf und Kragen lügt? Wo ist die Diskussion über die Beeinflussung der US-Wahlen durch parteisches Zensurverhalten von Seiten von Twitter, wie sie gerade in den «Twitter-Files» öffentlich gemacht wird? Immerhin: Den angeblichen Putschversuch in Deutschland durch Reichsbürger im Rentenalter wollten viele Medien selbst nicht ernst nehmen.
Macht ist ein schleichendes Gift, das den Demagogen erst in Rausch und schließlich in Siechtum versetzt. Wer in Macht badet, atmet deren toxischen Dämpfe ein. Wer anderen etwas wegnimmt, wie zum Beispiel Bewegungsfreiheit, nimmt auch sich selbst Bewegungsfreiheit. Die DDR-Nomenklatura lebte nicht umsonst in einer abgeschotteten Siedlung bei Berlin. Auf die Bevölkerung wirkt entfesselte Machtausübung hingegen zunehmend wie eine Immunisierung. Nach dem ersten Schock des Machtexzesses entdeckt der Widerständler, dass sein Geist sich der Verführung der Macht entzieht. Ohnmacht, Verwirrung und Furcht weichen einem neuen Gefühl der Stärke. Man beginnt, langsam, aber sicher die Hieroglyphen der neuen Macht zu entziffern und das eigene Leben neu zu kalibrieren.
Widerstand lohnt sich
Der Machtexzess einer Minderheit auf der einen Seite und Widerstand dagegen sind natürliche Gegenspieler. Dies zeigt sich auch in der Belohnungsstruktur. Für den, der Macht an sich reißt, ist die Belohnung am Anfang am größten und wird im Laufe der Zeit zum Schaden für sich und andere. Die süße Milch wird sauer. Beim Widerständler ist es andersherum. Er leidet am Anfang am stärksten, weil er seine Komfortzone sofort aufgeben und sich an Hindernissen abarbeiten muss. Diese Hindernisse werden jedoch mit der Zeit zu Trainingsgeräten. Der Widerständler wird Profi im Überwinden eines Hindernisparcours. Er widersetzt sich als erster der Scheinwelt, der schönen neuen Komfortwelt, wie sie Huxley beschrieben hat. Er geht sofort in die Unbequemlichkeit und umarmt den Schmerz als erster, was zur Folge hat, dass ihm der Schmerz als erstem irgendwann nichts mehr anhaben kann. Schließlich verbindet er sich mit anderen Gleichgesinnten und zersetzt das Netz des Macht.
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