Das rechtliche Pandemieregime passt vorne und hinten nicht
Sind die rechtlichen Maßnahmen auf Basis des medizinischen Geschehens gerechtfertigt? Der Corona-Komplex, Teil 2. (Vorschau)
Dies ist Teil 2 einer mehrteiligen Serie. Lesen Sie auch den Auftakt sowie Teil 1.
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Gute Gesetze sitzen wie Maßanzüge. Sie regeln eine Situation umfassend, angemessen und faltenfrei, also ohne innere Widersprüche. Am wichtigsten aber: Sie engen nicht ein oder schneiden gar die Luft zum Atmen ab. In Teil 1 des Corona-Komplex haben wir gesehen, dass die medizinische Situation eine Blackbox ist. Es gibt zahlreiche Unbekannte, Platzhalter, Fragezeichen, trübe Stellen. Das geht von der Konzeption und Durchführung der PCR-Teste über deren statistische Schlüssigkeit bis hin zur Aussagekraft von Infektionsraten und Todesfällen (“an oder mit Covid-19?“).
Die medizinische Lage wirkt wie ein von Anfang an falsch geknöpfter Virologen-Kittel, zudem labbrig und voller Flecken.
Das rechtliche Regelwerk muss mit der medizinischen Lage abgestimmt sein, der rechtliche Mantel muss also zum medizinischen Kittel passen. Sonst wird er zur Zwangsjacke. Geht das überhaupt noch, wenn die medizinische Ausgangslage auf so dünnem Eis steht? Alles steht und fällt letztlich mit der tatsächlichen Gefährlichkeit des Sars-CoV-2-Erregers. Stellt sich letztere als nicht oder nicht ausreichend gegeben dar, fehlt den Maßnahmen die Grundlage. Diese wären verfassungswidrig.
Kann also das aktuelle Pandemieregime mit den massivsten Grundrechtseingriffen seit Bestehen der Bundesrepublik halten?
In Bezug auf die deutsche Rechtslage, die im Folgenden untersucht wird, bräuchte es konkret:
Eine klare, evidenzbasierte medizinische Ausgangslage, die eine Gefahr für wichtige Rechtsgüter erkennen lässt; dazu gehören das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, wozu auch die physische und psychische Gesundheit gehört.
Ein darauf aufbauendes, in sich konsistentes rechtliches Regime, das den Willen des Gesetzgebers erkennen lässt, verhältnismäßig auf eine Gefahr reagieren zu wollen.
Nachweislich wirksame und geeignete Maßnahmen (Masken, Lockdowns, Impfungen)
Es braucht also eine zusammenhängende Kausalkette: Eine Gefahr durch ein Virus löst eine epidemische Lage von nationaler Tragweite aus; diese löst wiederum das Pandemieregime mit Maßnahmen aus; letztere wiederum sind nur rechtmäßig, wenn sie in Abwägung mit den Grundrechten, die sie einschränken, geeignet, erforderlich und zuletzt auch verhältnismäßig sind.
Wie genau wird das Bundesverfassungsgericht hinsehen? Welche Zahlen und Parameter wird es bei der Analyse der (Infektions-)”Gefahr” heranziehen?
Die Wissenschaftsvereinigung Leopoldina hat sich schon mal weit aus dem Fenster gelehnt; sie legt in einer Stellungnahme schlicht die Zahl der “Neuinfektionen“ zu Grunde und empfiehlt harte Lockdowns. Das sorgte für interne und externe Kritik. Anwälte fordern Mitglieder der Leopoldina zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auf. Nun ja, an der Stellungnahme waren auch Christian Drosten und Lothar Wieler vom RKI beteiligt, diese Stellungnahme kann man also nicht als unabhängig bezeichnen und schon gar nicht, wie es die Kanzlerin tat, unter dem Label “die Wissenschaft sagt uns” unters Volk bringen.
Werfen wir zuerst einen kurzen Blick auf die Chronologie in diesem Jahr.
Am 12. März erklärte die WHO den Covid-19-Ausbruch zur „Pandemie“. Die WHO nimmt dabei u.a. eine Gefahrenbewertung auf wissenschaftlicher Grundlage vor.
Am 25. März stellte der Bundestag eine „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ fest. Diese ist seitdem in Kraft. Zuerst wurde die Generalklausel des § 28 IfSG als rechtliche Grundlage der Maßnahmen herangezogen.
Am 23. Mai 2020 tritt das Zweite Bevölkerungsschutzgesetz in Kraft, wobei die epidemische Lage von nationaler Tragweite beibehalten wird.
Ende Oktober wurde ein Lockdown „light“ beschlossen, der am 2.11. in Kraft getreten ist und u.a. die Schließung von Geschäften, Gaststätten und Kultureinrichtungen sowie allgemeine Kontaktbeschränkungen vorsieht.
3. November: Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD bringt einen Entwurf für ein Drittes Bevölkerungsschutzgesetz auf den Weg.
18. November: Der Gesetzentwurf wird am gleichen Tag im Eiltempo von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und vom Bundespräsidenten unterzeichnet. Das nunmehr durch das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz revidierte Infektionsschutzgesetz ist Grundlage für die aktuellen Maßnahmen. Meine Kritik des Gesetzes und der eiligen Entstehung lesen Sie hier und hier.
Seitdem folgte eine Verschärfung und Verlängerung des Lockdowns, ein Shutdown ab dem 15. Dezember sowie die Ankündigung von Impfungen ab dem 21. Dezember. Der Zeitpunkt der Beendigung oder Lockerung der Maßnahmen ist offen. Laut Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Spahn sollen die Corona-Regeln trotz Impfungen „bis weit ins nächste Jahr hinein“ gelten.
Alles hängt an der Gefahr von Covid-19
Im Kern der rechtlichen Überlegungen steht der Begriff der Gefahr. Besteht diese und wenn ja für wen? Und wer wird gerade in Anspruch genommen? Werfen wir einen Blick auf nur zwei wichtige rechtliche Begriffe:
1. Die «epidemische Lage von nationaler Tragweite»
Was darunter zu verstehen ist, ergibt sich selbst nicht aus dem Gesetz. Aus der Gesetzgebungsgeschichte lassen sich laut einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vier Kriterien ableiten. Eine solche Lage liegt demnach vor, wenn:
Der Gesundheitsrechtler Thorsten Kingreen von der Universität Regensburg hat in einem Gutachten für den Bundestag festgestellt:
„Das rechtliche Problem besteht aber im Kern darin, dass die Feststellung der „epidemischen Notlage“ ein verfassungsrechtlich hochgradig problematisches Ausnahmerecht auslöst und ihre dauerhafte Aufrechterhaltung den fatalen Anschein eines verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen Ausnahmezustands setzt.”
Bemerkenswert ist, dass nicht nur auf die Gefährlichkeit des Virus („erhebliche Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“) direkt abgestellt wird, sondern diese sich vielmehr aus der Prognose der Auswirkungen des Pandemiegeschehens auf das Gesundheitssystem und das Gemeinwesen ergibt. Diese Lage könnte nach der jetzigen Definition somit auch in einer schweren Grippesaison ausgerufen werden, welche in der Vergangenheit ja schon zu Engpässen im Gesundheitssektor geführt hatten. Das heißt aber auch: Man könnte die Lage verhindern, wenn man im Gesundheitssektor Vorkehrungen trifft, welche geeignet sind, einen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern.
Ist das geschehen? Dazu gleich mehr.
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Glücklicherweise mal eine Analyse die 1+1 noch zusammen zählen kann. Wird Zeit das endlich alle mal nachdenken. Und das gründlich von Anfang bis Ende!!!!!!!!
So jedenfalls wird das Problem nicht gelöst.
Der hilfreichen Ansätze gibt es genug. Nur zuhören fehlt leider. Und mitdenken.
Ohne jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.........
Das ist nur ein Virus, kein Weltuntergang.
Die Maßnahmen dagegen können aber unkompliziert und fast auch unbeabsichtiggt, den nächsten Weltuntergang herauf beschwören!