RKI-Protokolle: Auf historischem Blindflug in den nächsten Zivilisationsbruch
Ein Unfallbericht, pars pro toto für die ganze Bundesrepublik.
„Fälle von Zivilcourage, von Protestbekundungen gegen das staatliche, das institutionelle und das individuelle Vorgehen sind nicht bekannt. (…) Wir hätten uns mehr Courage im RKI erhofft.“
– Jörg Hacker, ehem. RKI-Präsident, Stellungnahme zur Aufarbeitung der Rolle des RKI während der NS-Zeit.
„Sie hofften töricht toll,
Dass es gelänge.
Nun brechen überall
Blech und Gestänge
(…)
Sie schaffen stets ja mit,
Was sie vernichtet,
Und fallen mit der Last,
Die sie errichtet.“
– Auszüge aus „Ultima Ratio“, Friedrich Georg Jünger



Im Erinnerungsparcours
Niemand betritt das Gebäude des RKI, ohne sich beobachtet zu fühlen. Wer sich dem RKI auch nur nähert, wird mit der Last der Geschichte konfrontiert und begibt sich auf einen Gang durch die dunkelsten Kapitel des Instituts. Der Gang ins RKI beginnt mit einem Erinnerungsparcours. Und was für einem.
Schon im Außenbereich mahnen Installationen „mit offenen Augen“ durch die Welt zu gehen, denn, so Goethe, „man sieht nur, was man weiß“. Im Foyer prangt auf englisch und deutsch ein Zitat des Schweizer Dichters Adolf Muschg:
„Wir sind den Opfern das Unerträgliche schuldig, uns selber ins Auge zu schauen, ohne zu erstarren“
Daneben steht eine Büste von Robert Koch auf Augenhöhe. An den Wänden sind die Augen von RKI-Mitarbeitern zu sehen.
In der Jury-Begründung bezüglich der Installation heißt es, die Augen „symbolisieren in eindrucksvoller Weise, dass fortan die Arbeit des Institutes unter Beobachtung steht und ein Hinsehen erfolgt, statt weg zuschauen oder vor Unrecht erneut die Augen zu verschließen“, So Leonie Baumann, Vorsitzende des Preisgerichts und Rektorin der Kunsthochschule Berlin-Weißensee zur Installation der Künstlerin Heike Ponwitz.
Das RKI hat die eigene Geschichte, die Verwicklung in das NS-Regime mit 63jähriger Verspätung aufgearbeitet, 2008. Bis Pandemiebeginn vergingen 12 Jahre. 12 Jahre, in denen Mitarbeiter des RKI wohl täglich mehrmals durch den Erinnerungsparcours gingen. Die Stelen. Das Muschg-Zitat. Die Augen an der Wand. Die Augen Robert Kochs.
„Erinnern, wiederholen, durcharbeiten“: die Formel der bundesrepublikanischen Erinnerungspolitik wurde im RKI in die Praxis umgesetzt. Die Botschaft an die Öffentlichkeit ist unmissverständlich: „Wir sind uns unserer Verbrechen bewusst. Wir schauen ab jetzt hin. Wir schämen uns nicht, es zu tun. Unser Anspruch ist übergroß, denn unsere Verfehlungen waren es auch.“
Die Außenhülle des RKI ist eine einzige mahnende Selbstverpflichtung: Wir schauen nicht weg, dafür umso mehr aufeinander: und jedem Besucher in die Augen. Es ist die Selbstverpflichtung einer Behörde, die dem Gesundheitsministerium direkt unterstellt ist, sowie ihrer Mitarbeiter, die als Beamte auf die Achtung des Grundgesetzes vereidigt sind. Es ist die Selbstverpflichtung der späten Nachfolgergeneration in Anbetracht der Mitarbeiter, die sich in der NS-Zeit massiv versündigten, und das, nach eigenem (sehr späten) Bekunden: „Schlimmer als in anderen Einrichtungen“.
Aus der Stellungnahme von Jörg Hacker, ehem. RKI-Präsident, zur Aufarbeitung der Rolle des RKI im Nationalsozialismus:
„Wir müssen uns auch eingestehen: Es war nicht nur „wie überall“, sondern es war schlimmer als an vielen anderen Einrichtungen. Schlimmer, weil das RKI als staatliche Einrichtung eine besondere Nähe zum staatlichen Terrorregime hatte. Schlimmer, weil das RKI in dieser Zeit historisch bedingt enge Verbindungen zu dem damals demokratiefeindlichen Militär hatte. Schlimmer, weil die Nazis die Orientierung des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf die Gesundheit der Gesamtbevölkerung für ihre Zwecke missbrauchten.
Schlimmer, weil Mediziner nach Einschätzung der Arbeitsgruppe eine überproportional höhere Affinität zum Nationalsozialismus hatten als andere Berufsgruppen. Und das, obwohl sie den Eid des Hippokrates schworen. Die vorgestellten Projektergebnisse zeigen: Es gab eine eindeutige Richtlinie, die Versuche an Menschen ohne deren Einwilligung verbot. Die Quellen belegen, dass die Täter die Richtlinie kannten und ignorierten, oder von den verzweifelten Lagerinsassen, die keine Wahl hatten, die Zustimmung skrupellos erpressten oder erpressen ließen.”
Wie viel ist von diesem Anspruch des RKI ist in den Jahren seit 2020 eingelöst worden? Wie sieht der geistige innere Kern des RKI heute aus? Dies zeigen nun die RKI-Protokolle.
LESEREISE:
Meine Lesereise geht im August und September weiter. Hier können Sie sich anmelden, um uns die Raumplanung zu erleichtern.
Hintergrund:
Über mehrere Jahre bemühte sich der Journalist Paul Schreyer auf dem Rechtsweg um die entschwärzte Veröffentlichung der Ergebnisprotokolle des Krisenstabs des RKI und erreichte eine Veröffentlichung bis ins Jahr 2021.
Das RKI ist das Epizentrum der wissenschaftlichen Bewertung des Pandemiegeschehens, der innere Sachverstand der deutschen Gesundheitspolitik.
Das RKI ist während der Pandemie die maßgebliche Behörde in Deutschland gewesen, der Goldstandard für den wissenschaftlichen Kenntnisstand. Die Politik gerierte sich als „Team Wissenschaft“, mit dem RKI im Rücken. Medien nahmen Verlautbarungen des RKI mehr oder weniger unhinterfragt hin. Gerichte wiesen Tatsachenbeweise zurück, und nahmen die verlautbarte Ansicht des RKI für die tatsächliche wissenschaftliche Evidenzlage. Es wurden Strafen auf dieser Basis verhängt und Maßnahmen auf diese Weise begründet, bis hoch zum Bundesverfassungsgericht.
Nun sind vor kurzem (und wenige Tage vor einem zu erwarteten Urteil bezüglich der Klage von Paul Schreyer) die Protokolle aller Jahre durch einen Whistleblower aus dem RKI an die Journalistin Aya Velazquez gelangt, die diese zusammen mit Stefan Homburg und Bastian Barucker der Öffentlichkeit präsentierte.
Dazu gehört auch ein umfangreiches Zusatzmaterial sowie der Mailverkehr der letzten Jahre. Es ist ein journalistischer Coup und ein höchst wichtiger Baustein für die anstehende Aufarbeitung, sowie die Adelung des kritischen Journalismus in Deutschland. Wer auch immer der Whistleblower war: dem Medien-Mainstream wollte man die Daten lieber nicht anvertrauen.
Im Epizentrum der Pandemie
Welches Bild spiegeln die Protokolle wider? Das RKI war ein stummer Diener der Politik, ein Legitimationsbaustein des politischen Pandemiegeschehens. Zwischen politischer Linie und der vom RKI ermittelten Evidenzlage liegen teils Welten. Das RKI beteiligte sich an politisch durchgesetzten Grundrechtsverletzungen durch Unterlassen jeden sichtbaren Protests. Auch der Beamte ist nicht zum Kadavergehorsam gezwungen und zwangsjackenähnlich eingeschnürt. Im Gegenteil: Er hat ein Remonstrationsrecht, wenn von ihm eine rechtswidrige Handlung gefordert wird. Bei strafrechtlichem Zusammenhang muss er seine Arbeit ruhen lassen.





Etliche Passagen in den jederman zugänglichen Protokollen zeugen von einer gegenüber der Politik gänzlich hörigen, duckmäuserischen bis ohnmächtigen Haltung:
Der Begriff “Pandemie der Ungeimpften” (von Präsident Biden in Umlauf gebracht) sei "fachlich nicht korrekt”. Doch der Minister sagt es immer wieder, da „kann man eher nichts machen.“
Masken im Freien: Keine Evidenz; die Inzidenzwerte, ab denen Maßnahmen gelten sollten: politisch gesetzt. Kein Protest vom RKI.
Die Booster-Idee stammt von Pharma und der Politik, nicht von der Wissenschaft. Man sagte lieber mal nichts.
Der Schutz vor Infektion nimmt ca. zwei Monate nach der Impfung erheblich ab, wusste man laut RKI-Protokoll spätestens im November 2021. Man wusste von Impfdurchbrüchen und schweren Nebenwirkungen. Doch man hielt still.
Das RKI protestierte nicht gegen Kinderimpfungen, nicht gegen die Weglassung der Phase III-Tests im Zulassungsverfahren der mRNA-Impfstoffe, obwohl bekannt war, dass diese gänzlich neuartig waren.
Im RKI war man einerseits gegen Zwang, dann aber doch für eine (einrichtungsbezogene) Impfpflicht. Der fehlende Fremdschutz war bekannt. „Die Wissenschaft“ verbog sich in die Richtung, die verlangt war, mal voraustastend, mal nachträglich.
Das RKI bekomme keine politischen Weisungen, meinte Karl Lauterbach. Die RKI-Protokolle bestätigen das Gegenteil. So türmen sich Lügen auf Lügen, und sie hören bis heute nicht auf.
Nicht zu vergessen: Das RKI hat systematisch Obduktionen verhindert, gegen Protest von Rechtsmedizinern. Es hat keine Vergleichsgruppen eingerichtet, um das Pandemiegeschehen zu überblicken. Es gibt systematische Auflistung der Bedingungen der Testlabore, keine Erfassung der CT-Werte. Dass diese Information relevant ist, ist dem RKI laut Protokollen bewusst gewesen. Stattdessen bewarb man ein Test-Inferno zur numerischen Hochregulierung der Pandemie. Das ist mehr als Mitläufertum. Das ist systemische Komplizenschaft durch Mitwissen und Unterlassen.
„Wir hätten uns mehr Courage im RKI erhofft“, so lautete wohl auch heute der Befund.
Versagen vor eigenem historischen Anspruch
Das größte Versagen des RKI war das vor dem eigenen historischen Anspruch.
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