Was erlauben Wieler & Co? Wenn Wissenschaft eine Willkürherrschaft errichtet
Die RKI-Files haben schon eines bewirkt: Plötzlich reden alle von Aufklärung und Aufarbeitung. Endet jetzt der Blindflug der letzten vier Jahre?
Es war ein langer und kostspieliger Kampf. Ganze vier Jahre hat es gedauert, bis der Journalist Paul Schreyer („Multipolar Magazin“) und sein Team die Protokolle der Koordinierungsstelle des Robert-Koch-Instituts freigeklagt hatten. Diese geben Einblicke in das Innerste der Entscheidungsfindung über Coronamaßnahmen, welche den Zeitraum von Februar 2020 bis April 2021 betrafen. Wenn es irgendwo eine Willensbildung mit Abwägung gegeben hat, welche Maßnahme warum wann sinnvoll ist, dann hier. Das RKI als Unterbehörde des deutschen Gesundheitsministers gab den Takt in der Krise vor. Hier lag das Epizentrum der Entscheidung, hier hütete man den Gral der „Wissenschaft“. RKI-Chef Wieler war über lange Zeit das Hauptgesicht Corona neben Christian Drosten, bei ihm liefen Inzidenzen, R-Werte und Infektionskurven zusammen, von hier aus wurde die Lage regelmäßig an die Öffentlichkeit kommuniziert, gerne von Wieler selbst. Nach Ausscheiden aus dem Amt, wurde der Veterinärmediziner mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Entscheidungen aus dem Evidenzvakuum
Die freigeklagten Protokolle, die auf vielen Seiten immer noch gänzlich geschwärzt sind, offenbaren in einem zentralen Punkt nun gähnende wissenschaftliche Leere: Es gab keine wissenschaftliche Grundlage für den ersten Lockdown. Und das, obwohl politisch wie auch medial immer wieder betont worden war, das Team Wissenschaft habe die Krise im Griff. Tatsächlich war die Entscheidung zum Lockdown rein politisch; grünes Licht gab ein bisher geschwärzter Akteur (ein Urteil hierzu könnte im Mai erfolgen), man kann nun rätseln, ob Angela Merkel dahinter steckt, die Regierung oder irgendein besonders informierter Bundeswehrgeneral. Fakt ist: Eine wissenschaftliche Ausarbeitung, die vor allem eine Kosten-Nutzen-Analyse oder Risikofolgenabschätzung dieser wohl massivsten aller nicht-medizinischen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger beinhaltet, gab es nie. Das bestätigte auch das gegnerische Anwaltsteam des RKI, die Kanzlei Raue. Das Team Wissenschaft war tatsächlich das Team Blindflug.
Es ist in Deutschland gerade so, als würde ein Blankoscheck platzen. Dies ist stets ein Moment der Wahrheit, wer will, kann über die Dramatik notleidender Wechsel schon bei Balzac viel nachlesen. Der Blankoscheck war hier im Grunde ein verbriefter Bluff. Die Politik verwies auf die Wissenschaftskompetenz des RKI, Medien und Justizsystem folgten. „Das RKI hat Recht“ war die unausgesprochene Parole. Niemand fragte nach der Offenlegung der wissenschaftlichen Begründung - weder Medien noch Justiz bohrten hier je tiefer als unter die Oberfläche des Behörden-Organigramms - sondern errichtete einen Unfehlbarkeitskult in welchem Skepsis als Verrat gelten musste. Irgendwer würde schon irgendwo seinen Job gemacht haben, auf den man sich gänzlich verlassen könne. Nun dürften sich auch alle jene getäuscht fühlen, die dem RKI mit blindem Gehorsam an den Lippen hingen.
Sehen wir uns auf einer der nächsten Lesungen?
Letzter Termin in Bayern: 03.04., Landshut, Salzstadel, 19.30 Uhr, Tickets hier: https://www.eventbrite.com/e/stromaufwarts-zur-quelle-lesung-diskussion-tickets-826845837157?aff=oddtdtcreator&discount=Earlybird
4.04., Leipzig 19.30 Uhr, Theaterkeller Gwuni Mopera
05.04. Dürröhrsdorf bei Dresden (Interview und Aufzeichnung Sendung “Ruderboot”, Tickets hier)
08.04. Ebikon (Dorfstrasse 7), 19 Uhr
11.04. Schachen/Oetwil am See, 19 Uhr In der Scheune 10 (gerne anmelden bei: schachenhof@gmx.ch)
12.04. Altdorf, Grenzgasse 8, 19 Uhr (Anmeldung: urig-altdorf@protonmail.ch)
Zusatztermin! 13.04. Restaurant Sunnebad bei Zürich, 19 Uhr, Hirschstrasse 20, 8499 Sternenberg
06.05. Müllheim, Modelhof Hofstrasse 1, 19.30 Uhr, Voranmeldung erwünscht unter: https://modelhof.com/dr-milosz-matuschek---6-mai-2024.html
Trau, schau, wem: Es zeigt sich doch immer wieder, dass kultisches Autoritätsvertrauen gepaart mit naiver Behördengläubigkeit zwangsläufig dazu führt, dass Kontrollinstanzen versagen. Das betrifft die Medien, die vielfach dekorierten Expertenzirkel und ganz besonders die Justiz. Denn im Kern geht es bei der Grundrechtsprüfung immer um eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, einen Vergleich zwischen eingesetztem Mittel (Maßnahme) und verfolgtem Zweck. Je intensiver eine Maßnahme in Grundrechte eingreift, desto grössere Anforderungen sind an die Begründungsdichte zu stellen. Im Klartext: Wer Hausarrest und Kontaktverbot im Freien für Gesunde verhängt, muss sich seiner Sache schon sehr sicher sein. Eine Justiz, die das durchgehen lässt: erst Recht. Nun öffnet das Vakuum beim RKI den Blick in den Abgrund des deutschen Institutionenversagens. Nach der „Impflüge“ vom vermeintlichen Schutz Dritter vor Ansteckung offenbart der RKI-Bluff, dass der Kaiser nackt ist - und der Ruf vom ach so „gründlichen Deutschen“ eine Mär.
Wenn ein Kult kollabiert
Wenn es für Lockdowns also keine Evidenzgrundlage gab, konnte die Justiz de facto ebenfalls nur auf eine Leerstelle verweisen. Dem Wissenschaftsbluff folgte ein Justizbluff. Wo sind die Wiederaufnahmeverfahren, wo die Amnestien? Eine eigene Abschätzung von Nutzen und Risiko erbrachte die Justiz erst gar nicht. Und eine des RKI gab es nicht. Doch wenn einer politischen Maßnahme die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit fehlt, dann ist diese willkürlich. Wird diese Willkür von Polizei und Sicherheitskräften dann noch mit aller Härte und Gewalt durchgesetzt, dann ist ein Vergleich mit totalitären Systemen nicht nur angemessen, sondern sogar zwingend. Eine Justiz, der so ein Bluff nicht auffällt, macht sich zum politischen Komplizen von Politikern außer Rand und Band. Und damit ebenfalls mitschuldig. Fast alle Richter – Ausnahmen sind die Weimarer Richter Matthias Guericke und Christian Dettmar – ließen diesen Unsinn durchgehen. Da viele Entscheidungen bisher nur im Eilverfahren nach summarischer Prüfung erfolgt sind, verschiebt sich der Justizsprengsatz nun in die noch ausstehenden Hauptsacheverfahren.
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