Nach Corona blüht uns die Welt des Lächelns
Niemand spricht mehr über China und genau das ist das Problem.
Im Januar 1965 brauchte der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard mal wieder Geld und pumpte den Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld um 40 000 Mark an, und zwar, so ist es einem Briefwechsel zu entnehmen, «in zwanzig Minuten, weil ich es eilig hatte». Unseld, der mit einer Grippe und 40 Grad Fieber im Bett lag, willigte geschwächt ein, worauf Bernhard triumphierend feststellte, er habe seinem Verleger für jedes Grad Körpertemperatur 1000 Mark bzw. für jede Minute der Unterredung 2000 Mark abgeluchst: Er sei eben nicht nur Dichter, sondern auch Kaufmann.
Gerade sind es die Staaten, die im Coronafieber liegen und sich aus Schwäche und Angst freigiebiger geben, als sie es sich leisten können. Sie wollen die Bürger und die Wirtschaft retten, lassen aber auch eine Flanke für andere Staaten offen, die sich mehr Einfluss sichern wollen. Während sich alle Welt auf die akute Krisenbewältigung konzentriert, verschiebt sich im Hintergrund das Machtgefüge. Wem nützt die Krise?
Es ist vor allem China. Man muss nicht so weit gehen, China zu unterstellen, das Virus selbst lanciert zu haben, um festzustellen: China wird gestärkt aus der Krise hervorgehen und seine Einflusssphäre erweitern, vor allem gegenüber den völlig überschuldeten USA. Auch von einer Schwächung Russlands wird auf absehbare Weise besonders China profitieren. Imperialismus ohne Krieg also, wie geht das?
China folgt den uralten Strategemen der «Moulüe» – auch Supraplanung genannt. Im Kern geht es darum, sich günstig gegenüber dem Verhalten des Gegners zu positionieren und idealerweise zu gewinnen, ohne kämpfen zu müssen. China als aufstrebende Supermacht könnte so der «Thukydides-Falle» entgehen, die entsteht, wenn eine neue Supermacht eine alte ablöst und zu diesem Zweck in einen für alle kräfteraubenden militärischen Konflikt hineingedrängt wird.
China konnte sich schon zu Beginn der Corona-Krise mit medizinischer Unterstützung als Helfer gerieren – so in Serbien oder Italien. Folgt nach der Hilfe die große Einkaufstour nach westlichen Unternehmen und Infrastruktur? Es wäre dies das 25. von 36 Strategemen:
«Ohne Veränderung der Fassade des Hauses die Tragbalken stehlen und die Stützpfosten austauschen.»
Dies ist die aktualisierte Fassung einer Kolumne, die ich zuerst für den Schweizer Monat verfasst habe. Sie erreichen mich unter kontakt@idw-europe.org oder indem Sie auf meine Mail-Sendung antworten. Sie finden alle bisher erschienenen Beiträge im Archiv.
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