Wo endet Solidarität mit Israel und wo fängt Beihilfe zum Völkermord an?
Bedingungslose Solidarität mit Israel darf kein Blankoscheck für Rechtsbrüche sein. Sonst haben wir aus der Geschichte gar nichts gelernt.
Wenn wir der Verhaltensökonomik glauben dürfen, laufen im Menschen zwei Denkprozesse ab: ein langsamer, rationaler und ein schneller, irrationaler. Mal spricht aus dem Menschen ein halber Philosoph, mal nur sein vorsintflutliches Reptilienhirn. Je nach Situation kann eben das eine oder andere lebensrettend sein.
So geschieht es, dass der Mensch in ruhigen Zeiten die tollsten Regeln und Prinzipien aufstellt, sie im Folgenden immer wieder ritualhaft verfestigt und mit Moralismus oder Beschwörungen auflädt – nur um sie dann im Ernstfall komplett über den Haufen zu werfen und in Kampfgeheul für die „richtige Seite“ auszubrechen. Im Ernstfall scheint bei vielen das Reptilienhirn die Regie zu übernehmen. So auch gerade im Israel-Palästina-Konflikt. Beide Seiten sind hier in einem gegenseitigen Vernichtungswillen ineinander verhakt; beide Seiten agieren mit unverhältnismäßiger, roher Gewalt, und der Rest der Welt soll nun den Moralmeister küren – und dabei auch noch halbwegs verstehen, worum es geht. Wenn das der Gipfel der Zivilisation sein soll, dann danke schön: Gemetzelgucken und Fan-Kurve wählen. Eine groteske Situation.
Der Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten am 7. Oktober hat viele schockiert aber auch zahlreiche Fragen aufgeworfen. Wie konnte sich der israelische Geheimdienst und das Militär derart die Blöße geben, derart versagen? Beim näheren Hinsehen wird es noch komplizierter: Hat Israel die Hamas selbst groß gemacht? Wikileaks veröffentlichte mehrere Dokumente dazu, die das nahelegen. Schon 2017 eine Aussage des damaligen Chefs des Israelischen Sicherheitsdienstes „Israeli Defense Intelligence“, Amos Yadlin, “dass man froh wäre, wenn die Hamas Gaza übernähme; dann könnte man das Gebiet als feindlichen Staat betrachten.“
Ein geleaktes Dokument des israelischen Geheimdienstministeriums vom 13. Oktober 2023 sieht die Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen in Richtung Ägypten vor – dies weckt Erinnerungen an die „Nakba“, die gewaltsame Vertreibung von 700 000 Palästinensern im Jahre 1948 durch Israel. Wie überraschend war also der Angriff der Hamas am 7. Oktober? Betrachtet man die Vorgeschichte, muss der Verdacht entstehen, dass dieser Angriff der israelischen Regierung gar nicht so ungelegen kam, um endlich die ganz großen Geschütze auffahren zu können.
Israel ist gerade dabei, sein moralisches Kapital nach dem Angriff der Hamas gänzlich zu verspielen. Sicher hat jeder Staat ein Selbstverteidigungsrecht. Es wäre naiv, nach einem solchen schrecklichen Angriff, wie dem am 7. Oktober zu sagen: „Jetzt vertragt euch doch mal.“ Der Slogan: „Palestine will be free, from the river to the sea“, wird oft als Aufforderung zur Auslöschung Israels verstanden. Derartige Vernichtungsfantasien kennt man von Terroristen und radikalen Palästinensern, hörte sie sogar auf Demonstrationen, und man verurteilt sie zu recht. Doch es ist nochmal eine andere Kategorie, wenn nicht militante Kämpfer sondern israelische Politiker unverhohlen sagen, dass sie Gaza „platt machen wollen“, sie die Palästinenser zu „neuen Nazis“, „menschlichen Tieren“ oder dem absoluten Bösen erklären und sie in weniger als einer Woche 6000 Bomben auf einen derart dicht besiedelten Landstrich abwerfen – das ist fast so viel, wie die USA auf Afghanistan in einem Jahr. Ein isrealischer Minister hat sogar einen nuklearen Angriff auf Gaza in Erwägung gezogen. Bei derartigen Äußerungen muss sich der Weltgemeinschaft der Eindruck aufdrängen, die israelische Regierung bestehe aus fanatischen Hardlinern und Hitzköpfen.
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Wenn ein solcher expliziter Vernichtungswille von Seiten der israelischen Regierung geäußert wird und noch dazu durch derart massive Bombardements flankiert wird, teils sogar mit Phosphorbomben, sind wir in den Kategorien des Völkerstrafrechts, bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit und in der Kategorie des „Völkermords“ oder Genozids. Gut 10 000 Menschen darunter 4000 Kinder sind bei den Bombardements Israels bereits umgekommen. Nicht zu vergessen: Auch 102 UN-Mitarbeiter und 47 Journalisten. Der erklärte Fokus der israelischen Armee geht ersichtlich auf “Schaden, nicht Präzision” (“dammage instead of precision”).
Wer nun noch Solidarität mit Israel so interpretiert, dass die israelische Regierung bedingungslos unterstützt werden muss, zum Beispiel durch Waffenlieferungen, der begeht möglicherweise Beihilfe zum Völkermord oder zu ähnlichen Straftaten. Wer desweiteren, wie der Ex-Chefredaktor der Bild, Julian Reichelt, ein völkerrechtswidriges Flächenbombardement der palästinensischen Bevölkerung nach dem Vorbild der Bombardierung Dresdens durch die Briten während des Zweiten Weltkriegs ins Spiel bringt, „um den Willen der Bevölkerung zu brechen“ , sollte vielleicht mal einen Blick ins Strafgesetzbuch unter der Chiffre „Billigung von Straftaten“ werfen. Inzwischen haben hochrangige UN-Mitarbeiter sowie Genozidforscher vor diesem Szenario gewarnt und einen Appell unterschrieben. Manche sprechen von einem „Lehrbuchfall in Sachen Völkermord“.
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