Zeit für neue Anfänge: Raus aus dem Corona-Zombieland
Wir können nur am Neuen bauen, wenn wir bereit sind, das Alte loszulassen. Gedanken zur Überwindung der Hygienediktatur.
Fragen Sie sich nicht auch manchmal: Wann wird dieses Lebensgefühl von früher wieder da sein? Die alte Unbeschwertheit? Die alte Freiheit und alte Normalität, die es ganz ohne staatliche Erpressungs- und Nötigungsangebote gab? Die gute Nachricht ist: Auch diese sich bereits deutlich abzeichnende Hygienediktatur hat eine Lebensdauer, wie jedes totalitäre Regime. Die schlechte Nachricht: Die alte Welt wird nicht ohne Opfer zu bekommen sein, nicht ohne eine grundlegende, für viele schmerzhafte, Transformation.
Für diejenigen, für welche die Begriffe «Diktatur», «Totalitarismus» und «Faschismus» in Bezug auf Corona noch gewöhnungsbedürftig sind, sei kurz zusammengefasst:
«Faschistoid» ist am Corona-Regime bereits die Erfindung einer statistisch nicht begründeten (und sich seit Beginn der Pandemie auch nie realisierten) Überlastungssituation für das Gesundheitswesen, und damit Notsituation. Diese hat den Bundestag als Ort der demokratischen Willensbildung (nebst einiger anderer Institutionen) in einen rechtlichen Ausnahmezustand, besser: Tiefschlaf, hineinsuspendiert. Grundrechte wurden durch ein eiligst verabschiedetes, und in Nacht-und-Nebelsitzungen immer wieder aktualisiertes, Infektionsschutzgesetz, eingeschränkt. Der Architekt eines solchen rechtlichen Ausnahmeregimes war der NS-Kronjurist Carl Schmitt – seinen Geist atmen die Covid-Verordnungen.
«Totalitär» am Corona-Regime ist die Trennung und Isolation der Bevölkerung durch Maßnahmen wie Kontaktverbote sowie durch Diffamierungskampagnen. Wir erleben vordergründig die Regierung einer anonymen Pandemie-Ideologie, welche die nächsten Schritte den handelnden Politikern quasi «aufdrängt», diese zu blossen Sachwaltern macht und damit de facto ein Ende des Politischen, welches ja von Alternativen lebt, einleitet. Das Drehbuch des Coronabekämpfungsnarrativs stammt tatsächlich von der kommunistischen Partei Chinas, recht viel mehr totalitären Bezug kann man sich also kaum wünschen. Systematische Panikmache ist selbstredend per se demokratiefeindlich. Die Panik-Kulisse der deutschen Covid-Taskforce und der Bezug zu China ist in dieser Tweet-Serie, wie ich finde, auf preiswürdige Art nachgezeichnet. Nein, die Recherchearbeit stammt nicht von «arrivierten Mainstream-Journalisten», die grübeln wohl noch.
Hannah Arendt, welche diese Elemente totalitärer Herrschaft beschreibt, wird inzwischen sogar auf «rechts» geframed. Scheinbar ist ihr Denken zu gefährlich, zu wenig «woke» für die Schmalspurintellektuellen von heute. Mit dem neuen Narrativ von der «Pandemie der Ungeimpften» (Spahn & Co.) und dem Ausschluss von gesunden Menschen aus dem öffentlichen Leben, wenn sie ungeimpft sind («2 G Regel», eigentlich schon jetzt eine «1 G Regel», welche im Eiltempo durchgepeitscht wird) ist ein Betretungsverbot ausgesprochen, die Vorstufe einer Ghettoisierung. Und waren Ghettos offiziell nicht auch nur «Seuchenschutzzonen»?
«Diktatorisch» schließlich ist die von oben nach unten regierende Pandemie-Ideologie, die weder Alternativen noch Widerspruch duldet und alles wegzensieren lässt, was in die Melodie des Panik-Orchesters nicht einstimmt. Selten war so viel von Diversität die Rede. Selten war zugleich so viel Monotonie in der Meinungsbildung zu verzeichnen. Hier wird nach klassischer Manier ein «Konsens» fabriziert. Die Medien stellen sich als Steigbügelhalter und Agendatreiber der Regierungen zur Verfügung und verraten ihre Funktion als kritisches Korrektiv.
Ich weiß natürlich um die historische Aufladung dieser Begriffe. Es ist jedoch nicht meine Aufgabe, Dinge zu beschönigen, die nun mal brutal sind. Wer weniger brutale Begriffe will, sorge für eine Entbrutalisierung der Politik. Wer totalitäre Tendenzen allerdings nicht klar benennen will, weil es ungemütlich ist, macht sich zum passiven Kollaborateur einer Entwicklung, die es dringender als je zuvor aufzuhalten gilt.
Aber eben das ist sie, trotz allem: Diese Entwicklung ist aufhaltbar.
Ich schreibe dies nicht aus Zweckoptimismus oder um irgendwem Mut einzureden, der mich manchmal in stillen Stunden mit ungläubigem Blick auf die Nachrichtenticker selbst verlässt. Sondern aus Überzeugung. Denn irgendwie holen mich seit nun mehr als einem Jahr Themen wieder ein, die mir schon vor Jahren durch den Kopf gegangenen sind, die für mich eigentlich durchgekaut und damit langweilig sind, und das einfach deshalb, weil die heile Welt für mich schon etwas früher Risse bekommen hat, als vielleicht für die Mehrheitsgesellschaft. Wer früher kritisch wird, ist vermutlich kürzer schockiert. Wer dagegen immer an den «guten Staat» glaubte, erlebt womöglich erst jetzt im Ernstfall den Zusammenbruch so mancher Traumgebilde. Für viele mag sich die Welt erst durch Corona auf den Kopf gestellt haben, um 180 Grad gedreht haben. Plötzlich war die Kanalisation oben statt unten und es roch überall faulig. Wer schon früher genauer hinschauen wollte oder berufsmäßig musste, für den roch es schon davor aus so manchen Ecken. Dann ist Corona kein Schock mehr. Sondern nur das endgültige Fallenlassen der Maske.
Wir müssen aus der aktuellen Nachrichtenlage herauszoomen
Es wird Zeit, dass wir das Corona-Thema nicht mehr nur ausschließlich durch das Brennglas der aktuellen Entwicklungen wahrnehmen und wie das Reh in den Lichtkegel der nächsten, schauderhaften Maßnahme blicken. Das Corona-Thema ist nur ein Baustein, vielleicht sogar der entscheidende Katalysator einer größeren Entwicklung, die sich in vielen Elementen, wie Demokratieabbau, Machtkonzentration, Überwachung, Kulturverlust, Lebens- und Reproduktionsfeindlichkeit, Eugenik, Refeudalisierung von Techkonzernen etc. schon seit Jahren abzeichnet. All diesen Themen will ich in nächster Zeit mehr an Aufmerksamkeit widmen und an Lösungsvorschlägen arbeiten, wie man die Entwicklung umdrehen, zumindest aber, sich ihr entziehen kann. Dazu ist es nötig, dass wir immer wieder aus der Mikro-Ebene «Corona» in die Makro-Ebene der Gesamtentwicklung herauszoomen. Dieser Text sei hierfür der Anfang.
Der Schmerz, den viele seit 1,5 Jahren empfinden, ist der Schmerz des Verlustes. Das alte Leben, es ist erst mal weg. Es ist gestorben. Doch man konnte sich davon ebenso wenig verabschieden, wie von den Angehörigen in den Pflegeheimen. Es fällt schwer, den Verlust und auch die Logik dieses politisch verordneten Todes der alten Normalität zu begreifen. Doch dieser Zustand der Trauer und Verzweiflung ist kontraproduktiv. Er ist vergangenheitsfixiert. Er lähmt. Und verhindert dadurch auch das Neue, eventuell noch Größere, Bessere, das es noch zu erkämpfen gilt. Die ersten, die es schaffen, den Schmerz hinter sich zu lassen, werden die ersten sein, die im neuen Leben ankommen werden.
Gerne gebe ich zu: Ich dachte das ganze letzte Jahr viel an diese alte Welt. Aber zunehmend merke ich, dass ich loslassen will. Loslassen, nicht weil es sich nicht lohnt, um die alte Welt zu kämpfen. Vieles davon, allen voran die Grundrechte, ist absolut erhaltenswert. Sondern um Anlauf zu nehmen zu einem viel größeren Sprung. Einem Sprung, den man vielleicht nicht gemacht hätte, wenn alles so geblieben wäre, wie es einmal war. Wenn das Corona-Regime nicht die Schneise gezogen hätte, die es jetzt gezogen hat.
Sicher: auch ich vermisse die Unbeschwertheit, die Freiheit, die alte Normalität. Und ich hatte wahrlich Zeit und Grund, die alte Normalität zu lieben. Als freier Schriftsteller in Berlin, der sich vor zehn Jahren die Zeit mit lustigen Dating-Geschichten vertrieb, von Café zu Café flog wie die Biene von Blume zu Blume, war ich im öffentlichen Raum quasi zuhause. Später als Dozent in Paris, mit sieben Stunden Unterricht pro Woche an der Universität, ebenso. Da war viel Zeit für das Lesen und Schreiben von Büchern, für unbeschwertes Flanieren. Der Louvre wurde fast zum zweiten Wohnzimmer. Ich erkundete die Mysterien der Kathedralen und die Geheimnisse aus der Zeit der Alchemisten und Templer, spürte dem Geist des Fin de Siècle nach und inhalierte den Resthauch der Bohème, damals noch als leidenschaftlicher Raucher.
Wieviel Zeit saß ich in den Lieblingscafés von Hemingway, Sartre, Henry Miller und Cioran! Ich spürte den alten Geist, ich sog ihn ein, ich schwelgte in ihm. Ich liebte ihn. Ein Lebensgefühl ist manchmal wohl wie ein Lieblingskleidungsstück. Man will zurück in die alte Lieblingshose. Aber es geht eben nur noch im Geiste. Als Ungeimpfter aber Gesunder, vermutlich sogar Genesener, ist diese Welt jetzt für mich Geschichte.
Als Autor ist man immer auch Nostalgiker und Romantiker. Ein Schwärmer. In diesem Schwellenreich wird wohl die Phantasie geboren, die man braucht, um die Autorenstimme zu hören, die einem die Feder führt. Ich war immer zugleich auch ein Rationalist, als Jurist naturgemäß ein Kopfmensch, also jemand der an die trockene Wissenschaft glaubte, einfach weil es bisher für meine Begriffe keine besseren Mechanismen der Wahrheitsfindung gibt. Mir ist bewusst, dass weder die Wissenschaft alle Antworten auf die Fragen von heute hat und damals hat (wir können ja nicht mal die Pyramiden nachbauen) und das Reich der Phantasie ein Kaninchenbau ist, in dem man sich herrlich verirren kann.
Ich lasse mich also vom Reich der Phantasie beflügeln, stehe aber mit beiden Beinen mehr oder weniger stark auf dem Boden einer materialistisch-positivistischen Weltsicht. Mein Blick auf die Natur des Menschen ist pragmatisch und stützt sich weniger auf eine inhärente Moral, als auf die Verhaltenswissenschaften, die ich in Form der Verhaltensökonomie ausgiebig wissenschaftlich durchdringen konnte und auch an der Sorbonne unterrichtete.
Der Mensch ist manipulierbar
Menschen reagieren auf Anreize. Sie entscheiden in einem Entscheidungsrahmen, den man ihnen baut und nur selten nach Überzeugungen, die das Produkt reiflicher Überlegung sind. So lässt sich die Masse der Menschen leicht in jede Richtung manövrieren und Grausamkeiten begehen, die sie aber selbst für Wohl- oder Heldentaten hält. Und da sich die Natur des Menschen, seine psychologische Konstitution, nicht verändert hat, wird der Mensch heute genauso reagieren, wie zu Zeiten der französischen Revolution oder des Nationalsozialismus.
Es ist ja immer der gleiche Mensch mit der gleichen «Software», der agiert. Aus der Geschichte lernen wir, dass wir nichts aus der Geschichte lernen. Außer dass wir hinterher kurz schlauer sind. Oder uns zumindest so vorkommen. Denn hinterher, so weiß der «Hindsight-Bias», eine beliebte kognitive Verzerrung, will es immer jeder gewusst haben. So ist der Mensch wohl in seiner Existenz dazu verdammt, immer wieder den gleichen Stein des Sisyphus den Berg hochzurollen, immer wieder die gleichen Konflikte zu lösen und Schlachten zu kämpfen, in welchem Gewand sie auch daherkommen mögen.
Das Erschreckende an der heutigen Situation ist sicher die gewaltige technologische Übermacht, der wir gegenüberstehen und die wir nicht ansatzweise durchdringen. Hoffnung gibt mir, dass wir auch einiges der technologischen Macht selbst in Händen halten und über das Wissen verfügen, wie man den ideologischen Totalitarismus und seine Fürsprecher effektiv bekämpft, bis dieser wie ein übergroßer, saftloser Koloss in sich zusammensackt.
Ich kann jeden verstehen, der – sei es aus Zeitmangel oder aus Faulheit – den offiziellen Mitteilungen vertraut und folgt. Ich selbst hatte aus persönlichen Gründen lange Zeit nie einen großen Anreiz, den Mainstream in Frage zu stellen. Ich könnte heute eine Karriere in der Juristerei haben, im akademischen Betrieb oder in der Mainstream-Presse. Doch mich treibt seit jeher auch eine natürliche Neugier, ein intellektueller Forschergeist dazu, hinter die Kulissen zu blicken. Ich will nicht an eine schöne Welt glauben müssen, ich will lieber die echte Welt kennen. Auch wenn sie hässlich ist. Ich will in der Wahrheit leben, nicht in einer schönen Lüge.
Und ich erinnere mich gut, wie diese meine schöne Panorama-Welt irgendwann Risse bekommen hat. Da waren der Irak-Krieg und der Afghanistan-Krieg und die Enthüllungen von Wikileaks über Kriegsverbrechen. Da waren die Snowden-Enthüllungen über die Massenüberwachung der NSA mit Hilfe großer Techkonzerne. Da war die zunehmende Allgegenwart der virtuellen Welt und die mir unheimlicher werdenden Algorithmen. Da war die Überwachung des Handys der Kanzlerin durch amerikanische Geheimdienste und es wurde achselzuckend weggemerkelt. Sie schien damals schon am Horizont auf, die neue «Scheißegalität», die heute in der Politik allgegenwärtig geworden ist, wenn es ungemütlich wird. Heute, nach 20 Jahren Krieg in Afghanistan, Billionen versenkten Dollars für die «Bekämpfung» der Taliban und die Verteidigung der Freiheit des Westens am Hindukusch fällt das potemkinsche Dorf des westlichen Werteimports genauso schnell wie Kabul. Alles quittiert mit einem erneuten Achselzucken. Die «Scheißegalität» ist längst Staatsräson.
Neue Perspektiven wagen
Es ist leider so, dass spätestens Corona einen zu zwingen scheint, ein Lager zu wählen. Wer es nicht tut, wird einem Lager zugewiesen. Warum und zu welchem Zweck wird man aber ohne Zwang oder Not von außen irgendwann kritisch, wechselt innerlich die Seiten? Ich weiß es nicht, man wird es manchmal einfach, vielleicht durch Zufall, durch Neugier, durch Langeweile. Die Sklerose der repräsentativen Demokratie ist für mich schon seit mindestens zehn Jahren mit Händen zu greifen. Irgendwann wurde für mich Zeitungsfan die Lektüre der Tagespresse zur Qual, zu einer Übung in Frustration. Die Blätter wurden dünner, einseitiger, schlechter. Mit welcher Begeisterung habe ich vor zwanzig Jahren den Spiegel verschlungen oder «die ZEIT». Je weniger man verstand, desto schlauer kam man sich vor. Die Intellektuellenzeitschrift «Merkur» habe ich im Abonnement seit ich 25 bin, er füllt bei mir sicher ein paar Regalmeter. Wie lange und intensiv liebte ich die Sprache der Intellektuellen, diese gewundene Form, die über den Dingen schwebt und welche die Realität so herrlich abgehoben und oft treffend beschreibt.
Es war irgendwann um das Jahr 2015 oder 2016 herum, als ich begann, alles liebgewonnene auf den Prüfstand zu stellen. Anfangs war es nur ein Gedankenexperiment, eine intellektuelle Spielerei. Was, wenn ich als mit allen Wassern des Rechtswesens gewaschener, promovierter Jurist, doch nicht so schlau war, wie ich immer dachte? Sondern ein bisschen akademienaiv und buchstabengläubig? Was, wenn die Demokratie nur Fassade war? Nur eine weitere Spielart des Spieles Regierte vs. Regierende, nur eben mit hübscherem Anstrich? Eine gut orchestrierte Form der Massenmanipulation? Was, wenn das Geldsystem auf Sand gebaut ist? Eine prägende Erfahrung war sicher der Vortrag (hier noch ein Interview) des Psychologieprofessors Rainer Mausfeld, der mein Weltbild ins Wanken brachte.
Es waren Informationen von «der anderen Seite», die in meine heile kleine Mainstream-Welt, in die ich ja unbedingt reinpassen wollte, eben nicht hineinpassten. Ich war zwar nicht mit allen Elementen des Vortrags einverstanden und finde zum Beispiel auch heute noch, dass nicht der Kapitalismus das Problem ist, da wir gar keinen echten haben, ja vielleicht nie hatten, sondern ein planungsverliebtes, kartellartiges korporatistisches System auf Rumpfmarktwirtschaft, welches auf Bereicherung der Wenigen aus ist.
Aber ich merkte, dass ich mit all meinem Theoriewissen über Demokratie und Grundrechte die Kernaussagen des Vortrags nichts widerlegen konnte: Ja, es gibt andere, informelle «Zentren der Macht», es gab sie immer schon und sie sind unsichtbar, bzw. werden unsichtbar gemacht. Auch von den Medien, für die ich lange und gerne gearbeitet habe, wie die NZZ. Und ja, es gibt Schwachstellen des menschlichen Geistes, schon Francis Bacon hat sie beschrieben. Sie machen uns für jede Form der Manipulation empfänglich, vorallem wenn Mächtige über sie Bescheid wissen und wir selbst nicht.
Solange über die wirklichen Zentren der Macht und die Schwachstellen des menschlichen Geistes nicht offen, ausgiebig und transparent berichtet wird, leben wir im demokratischen Lummerland, in einer Traumwelt. Dann ist jede Form von Volkssouveränität in der Tat eine Chimäre. Und wer glaubt, dieses System durch Wahlen zu legitimieren, ist meines Erachtens Teil des Problems und nicht der Lösung. Denn der Wahlakt ist dann nur ein Gasgeben im Leerlauf, ein kurzes Aufheulenlassen eines Motors, der schon seit langem keine Kraft mehr auf den Boden bringt. Ich bin inzwischen überzeugter Nichtwähler. Nicht weil ich die Demokratie verachte, sondern weil ich sie achte. Aber ein Engagement für eine Scheindemokratie ist für mich Zeitverschwendung. Ich will eine bessere, eine echte Demokratie.
Ich war wirklich gerne geistig im Mainstream zu Hause, aber irgendwann konnte ich es schlicht nicht mehr. Ich wollte lange Zeit nichts lieber als für Süddeutsche, FAZ und NZZ schreiben, nicht für aus meiner Sicht «obskure» Blogs. Ich wollte bei renommierten Verlagen veröffentlichen. Ich wollte alle Eitelkeiten befriedigen, die man eben so als junger Autor hat. Als promovierter Strahlejurist anderen in großen Gazetten die Welt erklären, das wollte ich. Und immer Recht haben und auf der richtigen Seite sein. Für Frieden, Freiheit Fortschritt. Preise einheimsen und einen Fanblock voller Mädels bei Lesungen. Ha, das wär´s.
Ich kenne die Heimeligkeit dieses großen Lagerfeuers. Ich habe sie gespürt, mich an ihr geweidet. Doch die Einschläge kamen näher. Die Zweifel wurden größer. Und wie es mit dem Zweifel eben so ist: er nagt. Und er lässt nicht los. Der Zweifel ist die Schneise, die das Licht auf die dunklen Stellen bringt. Das ist befreiend und schmerzhaft zugleich. So wie der Weg der Erkenntnis mit Zweifeln gepflastert ist, so ist er aber auch eine Einbahnstraße. Man kann aus einem Ei ein Omelett machen. Aber nicht mehr das Omelett in das Ei zurückverwandeln. Ich fühlte mich, wie in eine neue Welt neu hineingeboren. Eine hässlichere Welt, eine erschreckende Welt. Aber doch die wohl ehrlichere Welt. Heute ist das für viele die Corona-Welt. Für mich ist es die seit Jahren schon vorgefühlte Fakewelt.
Eine verblendete Generation nach der anderen
Die schöne alte Honigwelt um mich herum, sie hat irgendwann Risse bekommen. Und ich bin aus der Wabe gefallen. Die süße Milch wurde sauer. Ich mochte sie nicht mehr trinken. Und begann, mich in meinem Buch “Generation Chillstand” zu fragen: Ist es das Schicksal jeder Generation, aufs Neue betrogen zu werden? Funktioniert «so» Gesellschaft? Gegenüber früheren Generationen richten wir gerne scharf, sehen verblendete Schafe und ideologie-gehorsame Massen, die sich mit Hurra an die Schlachtbänke zweier Weltkriege führen ließen, sogar noch Kriegsanleihen zeichneten und ihr Gold an den Staat abgaben, ihren eigenen Schlächter.
«Nur die dümmsten Kälber wählen ihre die Metzger selber», heisst es treffend. Hat sich daran viel geändert, selbst unter «demokratischen» Vorzeichen? Gibt es einen größeren Beweis für die Dummheit des Menschen in einer Herde? Kein anderes Lebewesen kommt auf die Idee, anderen den Schädel einzuschlagen und für die Gefahr des eigenen Todes auch noch zu bezahlen. Was also wird man meiner Generation einmal vorwerfen? Im Kern vielleicht das Gleiche, nur bisher ohne die direkte Gewalt- und Kriegserfahrung.
Wir glaubten dem Staat alles, von der Rente über die private Altersvorsorge, von der wir nichts mehr haben werden bis hin zu Kriegslügen und der Erzählung von der Stabilität des Geldsystems; wir häuften brav Diplom auf Diplom, waren die braven Kinder der Neuzeit, angepasst und in der Reihe wartend, bis irgendwer mal unsere Nummer aufrief. Aber niemand rief unsere Nummer auf. Dafür trainierte man uns die Wut ab. Machte uns apathisch. Päppelte uns mit der Papieranerkennung von Diplomen, gab uns den netten Zeitvertreib virtueller Casinos und sozialer Netzwerke. Da, eine Spielwiese, tobt euch aus, sammelt mal schön Likes, pflegt euren Narzissmus. Hinter jeder Lebenslaufkurve wartete immer noch eine weitere Schleife.
Wenn die alte Welt zusammenbricht, muss man eine neue bauen
Vielleicht ist es das Schicksal jeder Generation am Ende einer relativen Wohlstandsperiode und langen Friedenszeit, dass sie wie nichtsnutzige Riesenbabies auf hübschen Geräten daddeln und einfach warten, bis ihnen das Schicksal ein Geschenk vor die Türe legt. Oder eine Erbschaft. Leider bin ich Teil dieser Generation. Und ich bin im Kern vermutlich kein Deut besser oder viel anders. Warum sollte ich auch? Ich habe schließlich die gleichen Institutionen der Hirnwäsche durchlaufen.
Doch ich habe zumindest heute keine Lust mehr, auf dieser alten Scholle auf bessere Zeiten zu warten. Das Leben will gelebt werden, zu jeder Zeit. Und zwar nach vorne. Und wie in früheren Zeiten eben auch, zumindest seit dem alten Rom, gilt: Wenn das alte System die nächste Generation nicht mehr versorgen kann, dann muss diese junge Generation eben aufbrechen. Neue Ufer finden, neue Orte, Konzepte und Ideen ausprobieren. «Heiliger Frühling» oder «Ver Sacrum» nennt sich diese alte Idee. Es ist die Idee der natürlichen Abspaltung, der Abnabelung. Der Schriftzug «Ver Sacrum» prangt besonders schön auf dem Gebäude der Wiener Secession, auch sie war eine Abnabelung von der arrivierten Kunst.
Die alte schöne Welt, sie war nur eine Fake-Welt. Eine verwaltete, sklerotische Fakewelt, in der viele von Innovation reden aber eigentlich keine wollen. Zumindest nicht eine, die das Individuum stärkt. Sondern eher eine, die neue Sklavenstrukturen befördert. Es ist eine Welt, in welcher viele Versprechungen auf Papier in den Wind geschrieben wurden aber niemand je die Verantwortung für irgendwas übernommen hat. Eine Welt, die moralisch völlig morsch ist, die gänzlich abgewirtschaftet hat und ihre Morschheit noch ein paar Jahre in schön klingenden Institutionen verwahrt. Eine Welt, in der seit Jahren niemand mehr seinen Job richtig zu machen scheint, aber eben dies von den anderen erwartet.
Journalisten, die schon seit Jahren nicht mehr richtig hinschauen; Geldmanipulatoren, die uns in die Hyperinflation drucken und Schulden als Problem von früher framen (Stichwort «Modern Money Theory») aber tatsächlich den Bürger damit schlicht enteignen; Juristen, die weder Recht sprechen noch die Verfassung schützen wollen; Politiker, die sich als schlechtere Influenzer verstehen und tagtäglich nur die Balken der Zustimmungskurve in den Umfragen ein bisschen in die eine oder andere Richtung verschieben.
Wer also will in einer Gesellschaft leben, die sich die höchsten moralischen, diversen, achtsamen und nachhaltigen Ziele pr-mäßig auf die Fahnen schreibt, um im Schatten dieser Lippenbekenntnisse dann nur die alte Idee eines neuen Feudalsystems voranzutreiben? Wieso sollte irgendwer diese Fakewelt verteidigen, jetzt wo sie für alle sichtbar Risse bekommt? Die alte Normalität am Leben zu erhalten, hieße heute, die alte Lüge weiterzuleben.
Die Sprengkraft paralleler Strukturen
Wie also können wir diese Krise für einen gesamtgesellschaftlichen Sprung nach vorne nutzen? Während die einen vom «Window of Opportunity» und «Great Reset» sprechen und damit eine technokratische Machtkonzentration meinen, müssen wir die Gegenkräfte mobilisieren, den «Greater Reset» versuchen. Gegen Machtkonzentration hilft nur Dezentralisierung von Macht. Gegen Überwachungskapitalismus und Technokratie helfen nur neue parallele Strukturen menschlichen Zusammenlebens. Gegen ein alltäglich verunmöglichtes Leben helfen nur selbst gebaute neue Lebensinseln. Das können Selbstversorgungskommunen, Sonderwirtschaftszonen oder Privatstädte sein. Parallele Strukturen haben Sprengkraft für totalitäre Systeme, sie sind die Unterwanderungsmechanismen der Macht durch die Kraft der Vielen.
Das wusste übrigens schon Václav Havel, als es um die Überwindung des Sowjetkommunismus ging. Totalitäre Systeme sind amorphe, hypertrophierte Bürokratien, sie sind starr und unbeweglich, sowohl im Denken als auch in ihren Reaktionen. Sie entfernen sich in dem Maße von der Realität, wie sie an ihrer eigenen Doktrin haften und machen jeden in ihrem Einzugsgebiet zu einem ebenso starren und blutleeren Zuträger. Sie sind für mich ein wenig wie diese grotesken aufblasbaren Werbemännchen, wie man sie vor Tankstellen oder Geschäften manchmal sieht: Groß und auffällig aber nur von der heißen Luft der Ideologie in der Luft gehalten. Diese Luft gilt es abzusaugen, um den Koloss zurück auf den Boden zu bekommen und zusammenzufalten. Parallele Strukturen unterwandern das ideologische System, welches selbst ein Versuch der Unterwanderung ist, nämlich gegenüber allen natürlichen Strukturen, wie Verein, Familie, Freundschaft oder Beziehung.
Ein gutes Beispiel für einen großen Wurf ist das Thema Bitcoin (zu dem ich Ihnen noch ein paar Texte schulde, ich weiß). Es ist eine parallele Struktur der vielen als Alternative zum Geldkartell der Zentralbanken. Man kann eine etablierte Struktur durch eine überlegene Parallelstruktur nicht nur angreifen, sondern sogar obsolet machen. Und wir haben es gerade sogar selbst in der Hand. Da Geld für jedes System wie die Blutzirkulation fungiert, lässt sich auch der größte Koloss dadurch erlegen, indem man dessen Blutzufuhr abklemmt. Die Übertragung des Geldmonopols weg vom Staat hin in die Hände der einzelnen Bürger, und zwar auf dezentrale Weise, ohne dass einzelne Akteure Übermacht über das System gewinnen können, wäre die größte Machtübertragung seitdem Kirchen, Kaiser und Ideologien entmachtet wurden. Es wäre eine technologiegestützte Revolution der vielen, deren einziger Akt des Kampfes sich darin erschöpft, einen Teil des eigenen Vermögens dem alten System zu entziehen und dem neuen zuzuführen.
Wenn es gelingt, dem Staat das Geldvermehrungsmonopol zu entreissen, könnten Kriege, wie wir sie bisher kannten, irgendwann Geschichte sein. Immanuel Kant stellte ähnliche Überlegungen in seiner Schrift «Vom ewigen Frieden» an. Kriege, wie der ein Afghanistan, konnten auch geführt werden, weil Zentralbanken unendlich Geld produzieren können, um damit einen militärischen Komplex aufzublähen, der sich imperialistisch austobt. Kriege werden mit Lügen begonnen und mit der Lüge des unendlichen Geldes am Leben erhalten. Ein neues Geldsystem würde die Kriegsfinanzierung erheblich erschweren. Die Änderung des Geldsystems weg von einem zentralisierten hin zu einem dezentralen wäre ein gewaltiger Vermögens- und Machttransfer. Vermutlich der größte, den es je in der Geschichte gab.
Vor dieser Möglichkeit fürchten sich Zentralbanken und Staaten immerhin so sehr, dass sie gerade versuchen, eigene digitale Währungen zu entwickeln (Central Bank Digital Currencies, CBDCs), um sich noch mehr Kontrolle, Überwachung und Möglichkeiten der Enteignung zu sichern. Der finale Wettbewerb um die Freiheit läuft also schon. Wir können dafür sorgen, dass die zentralen Machtakteure diesen Kampf krachend verlieren.
Neben neuen Formen des Zusammenlebens und des Geldes gibt es genug weitere Themen für parallele Strukturen, sei es anonyme Kommunikation, Bildung, Kunst & Kultur, Gesundheitsversorgung und natürlich, daran arbeite ich vor allem, Medien. Die Kunst besteht darin, effektiv eine Wanderungsbewegung hin zu dezentralen, alternativen Kräften einzuleiten und durchzuführen; eine Wanderungsbewegung, wie sie bei Bitcoin und im Mediensystem bereits begonnen hat. Die Produktionsmittel haben wir schon längst in der Hand.
Arbeiten wir gemeinsam an Netzwerken guter Ideen! Bilden wir parallele Strukturen der Aufklärung und des Austauschs! Dann arbeiten wir automatisch am neuen, vielleicht besseren, Leben. Der starre Gesundheitstotalitarismus wird sich und die seinen derweil in die neue Normalität einmauern, bis er sich zu Tode gewütet hat.
Überlassen wir den stummen Konformismus sich selbst und entziehen wir uns der altbekannten Todesspirale. Niemand hat die Kraft des Konformismus besser in Worte gefasst als der Technikphilosoph Günther Anders. Seien wir stärker.
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Ich liebe Ihre Artikel!! Sie gleichen einem erquickender Sommerregen auf glühender Haut. Ich bin zutiefst dankbar, daß ich in meinem Alter (81 J.) so etwas noch lesen darf; solange es Menschen gibt wie Sie, ist Deutschland noch nicht ganz verloren.
e mühsam : sich fügen heisst lügen…..