Der Extremismus der Mimi-Mitte
Der Totalitarismus kommt auf den Samtpfoten des Konformismus daher. Über die Fanatisierung der Mitte der Gesellschaft.
Das Koordinatensystem der Öffentlichkeit verändert sich vor unseren Augen. Extreme Aussagen wurden während der Pandemie salonfähig, der Diskurs der Mitte fanatisierte sich zunehmend, wie ein bald erscheinendes Buch dokumentiert (“Möge die ganze Republik mit dem Finger auf sie zeigen. Das Corona-Unrecht und ihre Täter”). Dieses Phänomen war schon zuvor absehbar, ich nannte es schon vor mehreren Jahren den “Extremismus der Mimi-Mitte”, die ständig auf die Hassrede der anderen verweist, die es zu bekämpfen gälte, aber selbst die Speerspitze der Hassrede darstellt. Jetzt folgt die nächste Eskalation: diejenigen, die auf die menschenverachtende Sprache der anderen hinweisen, sollen juristisch eingeschüchtert werden. Wir bewegen uns vom Rechtsstaat in Richtung Machtstaat.
Kennen Sie schon den Extremismus der Mimi-Mitte? Es ist die neue Herrschaftsform in vielen repräsentativen Demokratien: Nicht die Mitte wandert zu den Extremen, sondern die Mitte wird selbst eine extreme Kraft, druckbetankt mit Moral, parteiübergreifend im Einsatz gegen das Böse in der Gesellschaft und vor allem im Netz, dem der Bürger schutzlos ausgeliefert ist und das die Demokratie bedroht. Jeder kann sich der Bewegung mit Wort und Tat anschließen, unter dem Opfer-Schutzschild ist Platz für viele, denn Dünnhäutigkeit ist das Markenzeichen der Mimi-Mitte. Sie bildet einen politisch-wissenschaftlich-kulturbetrieblich-medialen-Komplex. Die Extremisten der Mimi-Mitte sind die Nomenklatura der repräsentativen Demokratie.
Die Nomenklatura der Demokratie
Ihre Rahmenerzählung ist folgende: Der Bürger ist im Netz schutzlos jeder Art von Information ausgeliefert, da gibt es Fake-News, Verschwörungen, Lügen, Rattenfänger und Bullshit, die den Zusammenhalt der Demokratie gefährden. Deshalb braucht es den Mimi-Mitte-Extremisten, der den Bürger mittels Netzwerkdurchsetzungsgesetz vor abseitigen Ansichten schützt, ihn mit Framing-Botschaften richtig kalibriert und mit Nudging zum Guten missioniert. Sogar ein neuer Politiker-Typus ist dabei entstanden: der des Ministers als Moral-Influencer, der in Berlin-Mitte ostentativ Kippa trägt, aber in Iran Hände schüttelt, in der Arktis den Klimawandel begutachtet, zu allen islamischen Feiertagen auf Twitter gratuliert, nie um einen moralischen Aufruf verlegen ist, aber letztlich permanent Eigen-PR betreibt.
Eine besondere Karriere haben in den letzten Jahren die Begriffe «Hate-Speech», also die Hassrede, sowie «Hass und Hetze» gemacht; schon begrifflich leicht zu verwechseln mit der «staatsfeindlichen Hetze» in der DDR, dem Gummiparagrafen gegen Dissidenten. Der Clou: «Hate Speech» umfasst als juristischer Sammelbegriff nur Delikte wie bestimmte Beleidigungen, Volksverhetzung, Holocaustleugnung und das Tragen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Im Extremismus der Mimi-Mitte ist Hate-Speech jedoch etwas anderes. Es ist das neue moralische Feindstrafrecht. Eine anerkannte Definition gibt es nicht (wie günstig), aber gemeint seien, so mal ein Forschungsbericht zu Hass im Netz, «aggressive, abwertende Aussagen gegenüber bestimmten Gruppen» – was auch immer das im Detail genau sein mag. An der Kriminalitätsstatistik ist dieser Hass-Newspeak weitgehend vorbeigegangen.
Kritik ist jetzt Hassrede
Die Unbestimmtheit hat Methode, doch der eigentliche Skandal daran ist die Selbstimmunisierung der Politik gegen Kritik. Der Mimi-Mitte-Extremist setzt sich für bedrohte Minderheiten ein, zeigt tugendhaft Flagge und bemerkt nebenbei: Eine bedrohte Minderheit ist er selbst ja auch! Wer Politiker also scharf kritisiert, ist schnell ein Hater. Es ist ein starkes Stück: Die Nomenklatura lässt den Bürger über mit Steuergeldern finanzierte Vereine wie die Amadeu-Antonio-Stiftung oder das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft seine eigene Anstandsdame bezahlen, die ihm bei «unausgewogener Wortwahl» mit der Fliegenklatsche auf die Finger haut. In die gleiche Kerbe schlagen seit geraumer Zeit von staatsnahen Stiftungen finanzierte Faktenchecker.
Der Extremismus der Mimi-Mitte ist ein «umgekehrter Totalitarismus», wie ihn der Politikwissenschafter Sheldon Wolin definiert hat. Für diesen braucht es nicht zwingend eine autoritäre Führerfigur. Es genügt schon ein System der weitreichenden Entpolitisierung der Bevölkerung, gepaart mit weichen und unsichtbaren Formen der Manipulation. Der beste Mutterboden für Totalitarismus ist der Konformismus. Und Demokratie stirbt im «friendly fire» der guten Absichten.
Dieser Text erschien zuerst in der NZZ.
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Die REALEN Maßnahmen gegen die beiden gefährlichsten FIKTIONEN (Coronavirus, anthropogene Klimaerwärmung aka "der Klimawandel") in der bekannten Geschichte der Menschheit werden uns alle Kopf und Kragen kosten, wenn die Drahtzieher und ihre willigen Vollstrecker nicht bald gestoppt werden.
Es ist immer wieder unfassbar, über welch eine unglaubliche Macht eine kleine Bande von Psychopathen verfügt, die überall auf der Welt die Puppen - im Lockstep - tanzen lässt.
Danke Milosz. Ja, mir scheint auch, dass überall immer mehr Strukturen und Klarheiten verwässert werden,;so kann alles problemlos in die gewünschte Richtung geführt, genudged werden.
Das jetzt zu sehen, hilft wiederum, den eigenen Weg ins Handeln leichter zu finden.