Licht vs. Dunkelheit: Was lehrt uns das Prinzip der Polarität?
Licht und Dunkel sind Schattierungen derselben Essenz. Was es braucht, um den lichtvollen Weg zu gehen.
In einem Dorf in China, nicht ganz klein, aber auch nicht groß, lebte ein Bauer – nicht arm, aber auch nicht reich, nicht sehr alt, aber auch nicht mehr jung, der hatte ein Pferd. Und weil er der einzige Bauer im Dorf war, der ein Pferd hatte, sagten die Leute im Dorf: „Oh, so ein schönes Pferd, was hat er für ein Glück!“
Und der Bauer antwortete: „Mag sein.“
Eines Tages, eines ganz normalen Tages, keiner weiß weshalb, brach das Pferd des Bauern aus seiner Koppel aus und lief weg. Der Bauer sah es noch davongaloppieren, aber er konnte es nicht mehr einfangen. Am Abend standen die Leute des Dorfes am Zaun der leeren Koppel, manche grinsten etwas schadenfreudig, und sagten: „Oh der arme Bauer, jetzt ist sein einziges Pferd weggelaufen. Jetzt hat er kein Pferd mehr, der Arme!“
Der Bauer hörte das wohl und murmelte nur: „Mag sein.“
Ein paar Tage später, sah man morgens auf der Koppel des Bauern das schöne Pferd, wie es mit einer wilden Stute im Spiel hin- und herjagte: Das Pferd war zurückgekommen und ein weiteres, wunderschönes, war ihm aus den Bergen gefolgt. Der Neid der Nachbarn kannte keine Grenzen: „Oh, was hat der doch für ein Glück, der Bauer!“
Aber der Bauer sagte nur: „Mag sein.“
Eines schönen Tages im Sommer stieg der einzige Sohn des Bauer auf das Pferd, um es zu reiten. Schnell war er nicht mehr alleine, das halbe Dorf schaute zu, wie er stolz auf dem schönen Pferd ritt. „Aah, wie hat er es gut!“
Aber plötzlich schreckte das Pferd, bäumte sich auf und der Sohn, der einzige Sohn des Bauern fiel hinunter und brach sich das Bein, in viele kleine Stücke, bis zur Hüfte. Und die Nachbarn schrien auf und sagten: „Oh, der arme Bauer, sein einziger Sohn! Ob er jemals wieder laufen können wird? So ein Pech!“
Aber der Bauer sagte nur: „Mag sein.“
Einige Zeit später schreckte das ganze Dorf aus dem Schlaf, als gegen Morgen ein wildes Getrappel durch die Straßen lief. Die Soldaten des Herrschers kamen in das Dorf geritten und holten alle Jungen und Männer aus dem Bett, um sie mitzunehmen in den Krieg. Der Sohn des Bauern konnte nicht mitgehen. Und so mancher saß daheim und sagte: „Was hat er nur für ein Glück!“
Aber der Bauer murmelte nur: „Mag sein.“
Was unterscheidet den Bauern von seinen Nachbarn und den anderen Leuten im Dorf? Er schaute ganzheitlich auf jedes Ereignis. Er sah es in seiner Vollständigkeit, also mit der innewohnenden Polarität. Er sah das Gute im Schlechten und das Schlechte im Guten, er bedachte es mit. Er sah, dass es das eine nicht ohne das andere gibt. Die anderen sahen Glück und Unglück, er sah beides.
Unser Denken ist permanent im Schwarz-Weiß-Modus: Nacht vs. Tag, oben vs. unten, rechts vs. links…Ist KI die Rettung oder unendlich böse? Warum ist das Erkennen dieser Aufteilung so wichtig? Es ist so immens wichtig, da es sich um ein kulturell auferlegtes Denkmuster handelt, eine Voreinstellung dieser Welt, wie die Standardeinstellung auf dem Smartphone.
Das Denken neu kalibrieren
„Culture is not your friend“ meinte Terence McKenna einmal. Ob Erziehung, Medien oder Kulturbetrieb: Wir sollen permanent unseren Fokus auf etwas lenken, das mit Fremdgefühlen aufgeladen ist. Unser Geist ist eine ständige Abfüllstation für Fremdeinflüsse und damit ein Objekt, welches Begehrlichkeiten weckt. Die Konfrontation mit allem Schlechten, Bösen und Niederträchtigem lässt uns in ihren energetischen Bannstrahl verfallen. Wer das Gute auch im Schlechten zu sehen vermag, kalibriert hingegen sein Denken und seinen Fokus automatisch auf die Möglichkeiten, die eigenen Lehren und Alternativen. Also auf alles andere als den Ist-Zustand. Die Lebenskunst des Bauern besteht darin, sich vom (negativen) Zeitgeist entkoppeln zu können, und zu lernen, Stimmungen, Gedanken und die Aufmerksamkeit selbst zu steuern. All das ist so selbstevident wie in der Praxis schwierig. Die Gedankenwelt jedes Einzelnen gleicht eher einem halbdurchlässigen Gefäß, sonst hätte Propaganda keine Daseinsberechtigung.
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In der Frage der Polarität helfen uns zwei philosophische Denkrichtungen weiter: die Hermetik und der Stoizismus. Der Stoiker trainiert sich darauf, seinen Fokus immer auf seine Gedanken zu richten, er erkennt die Fähigkeit der eigenen Programmierbarkeit durch ihn selbst. Er beschäftigt sich nicht mit dem, was er nicht verändern kann, sondern konzentriert sich ausschließlich auf das Veränderbare. Das beginnt mit den Gedanken, äußert sich in Worten und manifestiert sich in Taten. Der Stoiker ist der erste und im Idealfall einzige Torhüter und Sachverwalter seiner Gedanken.
Die Hermetik lehrt das Prinzip der Polarität, welches im Grunde auch das Prinzip der Ganzheitlichkeit ist. Diese Denkrichtung geht davon aus, dass die Extreme sich immer berühren, ineinander verwoben und verknäult sind, und daher immer mitgedacht werden müssen, das Yin & Yang Symbol verdeutlicht diesen Gedanken, auch der Ouroboros. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass alle Phänome, die sich gegenüber zu stehen scheinen, sich nur hinsichtlich gradueller Unterschiede voneinander unterscheiden. Hell und dunkel kennen je nach Tageszeit Schattierungen, ebenso die Gegenüberstellung von kalt und heiß. Temperatur ist der graduelle Messer, der die Schattierungen hier sichtbar macht. Sind letztendlich Liebe und Hass nicht auch als graduelle Umkehrungen und Umstülpungen der selben Essenz zu begreifen?
Der Bauer lebte intuitiv nach diesem Prinzip. Er ließ sich nicht von den Schwankungen des Lebens in Verzweiflung oder Hochmut ziehen. Er wusste, dass sich das Blatt jederzeit wenden kann. So schaffte er einen Raum innerer Gelassenheit und erkannte, dass das Glück im Unglück und das Unglück im Glück verborgen liegt. Sehr schön umgesetzt ist dieser Gedanke auch in Rudyard Kiplings Gedicht „If“.
„If you can keep your head when all about you
Are losing theirs and blaming it on you,
If you can trust yourself when all men doubt you,
But make allowance for their doubting too;
If you can wait and not be tired by waiting,
Or being lied about, don’t deal in lies,
Or being hated, don’t give way to hating,
And yet don’t look too good, nor talk too wise:
If you can dream—and not make dreams your master;
If you can think—and not make thoughts your aim;
If you can meet with Triumph and Disaster
And treat those two impostors just the same;“
Im ganzen Gedicht kristallisiert sich das polare Denken als Auftrag heraus, das Gedicht ist an einen jungen Mann adressiert. „Fühl dich nie so toll, wie du vermutlich nicht bist – und halte dich nicht für so elendig, wie du sicher nicht bist.“ Kappe die Über-Euphorie und unterfüttere den eigenen Abgrund. Der Mensch möge gravitätischer sein, dann bringt ihn nichts aus seiner Mitte, die nur er selbst füllen kann. Ob Triumph oder Niederlage: beide sind Hochstapler, Manipulatoren, Irreführer. Einen ähnlichen Auftrag zur Balance formuliert der Mythos von Ikarus: Fliege nicht zu hoch, sonst verbrennst du dir die Flügel, aber auch nicht zu tief, sonst werden sie vom Wasser des Meeres nass.
Die Polarität im Aufwachprozess
Eine besondere Erfahrung mit der Polarität haben naturgemäß alle kritischen Geister in den letzten Jahren machen dürfen. Sie gingen von einer Realität in die andere, wie durch eine Drehtür. „Aufwachen“ nennen es viele. Ich mag den Begriff, aber weiß, dass in diesem Ausdruck für manche ein elitärer Erleuchtungsimpuls mitschwingt. Die Drehtür des Aufwachens ist tückisch. Sie führt zu Erkenntnissen, doch die erleuchtenden Elemente befinden sich in dunklem Raum. Was sollte man in dieser Situation auch anderes sehen, als schwarz? Die Welt ist auf den Kopf gestellt, dadurch vielleicht realitätsnäher, aber eben auch schnell verdächtig einseitig, wie in demFilm „They live“ von John Carpenter. Die falsche Realität und die echte Realität: Sind sie übereinander gelegt, wie im Film durch die Röntgenbrille suggeriert wird?
Oder ist nicht eher das Falsche ins Echte eingewoben und umgekehrt? Im Kern ist Erkenntnis das Ergebnis eines Energieaufwands, ein Einlassen auf eine simple Denkübung: Bin ich in der Lage, das Gegenteil des Geglaubten als Gedanken zu bilden und zuzulassen? Und das immer wieder? Kann ich den Gegenpol meines Denkens mitdenken? Begrenzt ist die Vorstellungskraft, nicht die Fähigkeit zum Denken. Wissen will gewollt und ersehnt werden. Es kann nicht per Druckbetankung aufgenommen werden. „Aufwachen“ ist nicht eine Frage des Könnens, sondern des Wollens.
Der Sog des Dunklen mag vielen stark vorkommen. Im Dunkeln ist gar kein Licht zu sehen. Das ist die Illusion der Dunkelheit. Dabei gäbe es kein Licht ohne die Dunkelheit. Umgekehrt gibt es auch die Illusion der Helligkeit. Auch im hellsten Licht ist die Dunkelheit immer noch da, nur eben nicht mehr so sichtbar. Kein Schatten ohne Licht und umgekehrt. Das Prinzip der Polarität hilft uns zu verstehen, dass nicht die Extreme das Problem sind, sondern das richtige Mischverhältnis. Und zu diesem können wir nur beitragen, wenn wir aktive Lichtzeichen setzen, beginnend in unseren Gedanken. Schon ein lichtvoller Gedanke, der uns ausfüllt überstrahlt die Dunkelheit.
Es gibt vielleicht keinen Drehtür-Effekt zurück in die Unwissenheit, aber zurück ins Licht (trotz erhellender Erkenntnisse zu dunklen Themen).
Machen wir unsere Gedanken lichtvoller, dann werden wir es selbst und schließlich auch die Welt.
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Das Zauberwort heisst Ataraxie.
Vielen Dank, lieber Milosz, für diesen erhellenden Artikel.
Wachen Geistern, die nicht tief in die Schriften der Stoikern eintauchen mögen oder dies aus zeitlichen Gründen nicht leisten können, empfehle ich Folgendes: Bilde dein Herz und deine Urteilskraft beim unterhaltsamen Lesen von Michel de Montaigne (Essais), Marc Aurel (der Weg zu sich selbst), und... was immer in den Rucksack oder in die Handtasche passt, Epiktet (Das Handbüchlein der Moral, ca Fr. 4.--, Reclam) -nicht vom Wort Moral abschrecken lassen! ;-).
Ich freue mich schon auf die nächste "Freischwebende- Intelligenz-Post".
Marc Philippe Gallus
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.