Wenn es eine Lehre aus den letzten drei Jahren der pandemischen Machtergreifung gibt, dann folgende: Es ist möglich, einer Masse von Menschen die Vorstellung einer neuen Realität zu vermitteln und diese als so verbindlich erscheinen zu lassen, dass die Verblendeten sogar bereit sind, die neue Realität bis aufs Blut zu verteidigen. Das gelingt, wenn man Menschen, wie Plastelin, zu einer Masse formt. Der belgische Psychologe und Universitätsprofessor Mathias Desmet hat die Theorien Gustave Le Bons auf die Corona-Zeit angewandt und festgestellt: Die „Massenformation“ funktioniert unabhängig vom Bildungs- oder Zivilisationsgrad. Sie ist ein Hack des geistigen menschlichen Programms. Das Ausnützen einer Schwachstelle. Und diese Schwachstelle lässt sich für verschiedene Themen immer wieder neu ausnutzen.
Im Kern ist der Mechanismus so einfach wie perfide: Es ist eine Spielart von „Teile und herrsche“, aber auf besonders manipulativen Weise: Mache große Teile der Bevölkerung über Jahrzehnte einsamer und verlassener. Erfinde dann einen gesellschaftlichen Zweck (Gesundheitsschutz etc.), den du mit massiver Propaganda in die Köpfe hämmerst. Nutze unbegründete Angst und falsche „Solidarität“ als Hebel. Siehe da, die einsamen und vereinzelten Individuen beginnen sich mit dem höheren Ziel zu identifizieren, sie fühlen wie eine Art Gruppenidentität entsteht. Und sie sind endlich Teil davon und plötzlich nicht mehr allein. Erst teilt man also und dann fügt man die Gesellschaftsteile unter einem neuen Zweck wieder zu einem Kollektiv zusammen. Ein alter Trick mit immer wieder neuen Hasen, die man aus dem Hut zaubert. Das „gute Kollektiv“ feiert sich übrigens besonders gerne selbst, auch wenn das auch schon mal bedeutet, dass ein ehemaliger Waffen-SS-Nazi bei einer Selenski-Rede im kanadischen Parlament standing ovations bekommt.
Die Theorien von Le Bon, Desmet oder auch von NS-Widerstandskämpfer Bonhoeffer über die Unüberwindbarkeit der Hürden menschlicher Dummheit haben eines gemeinsam. Sie zeigen, dass der Geist des Menschen sein Befreiungswerkzeug sein kann, wenn er diesen richtig nutzt. Er kann aber auch ein Gefängnisschlüssel sein, um ihn massenweise in eine Art Realitätsgefängnis zu stecken. Gefangengenommen wird man so letztlich vom eigenen Glauben, nun endlich der richtigen Seite anzugehören, und dafür eine Aufwertung zu erfahren. Der Preis der Gefangenschaft ist das gute Gefühl. Die Falle besteht darin, dass die selbstgewählte Knechtschaft nur um den viel höheren Preis des Eingeständnisses der Selbsttäuschung verlassen werden kann. Das Angenehme versklavt also, erst das Unangenehme befreit.
Im Kern ist die Massenformation eine Art der Gruppen-Hypnose, ein extremer Kollektivismus. Dieser erstarkt, weil er die Energie aus den persönlichen Beziehungen heraussaugt, die direkten Verbindungen, selbst zwischen Verwandten, schwächt und brüchig macht, bevor er das Bedürfnis nach Beziehung auf ein Kollektiv umpolt. Massenformation ist damit eine Form der Umprogrammierung des Menschen. Yuval Noah Harari, inzwischen der ideologische Chef-Einflüsterer des World Economic Forum, sprach vom Menschen als „hackbares Wesen“ („hackable animal“). Machtausübung geschieht eben immer dort, wo sich die Gelegenheit dafür findet. Psychische Machtausübung ist gegenüber der physischen Machtausübung zudem erheblich billiger. Es ist kein Geheimnis, dass im Zuge der Pandemie selbst Geheimdienste in die psychologische Kriegsführung gegen Impfkritiker eingespannt wurden. In Deutschland arbeitet die Psychologin Cornelia Betsch an einem EU-Projekt namens „Jitsuvax“, welches psychologische Tricks für Ärzte entwickelt, um die Impfzurückhaltung wegzumanipulieren.
Manipulation bedeutet wörtlich „mit der Hand bewegen“. Wer bewegt und positioniert wird, agiert nicht selbst. Eine Demokratie, in der mit geistiger Manipulation gearbeitet wird, hört daher schnell auf, eine zu sein. Denn Manipulation ist Raub an der Selbstwirksamkeit des Staatsbürgers, sie macht ihn zum blossen Objekt von ideologischen Strippenziehern mit eigener Agenda. Schon Hannah Arendt schrieb uns 1951 ins Stammbuch, dass die gefährlichste Art des Totalitarismus der Technokratismus ist. Im Kern beruht dieser auf der Selbstüberhebung einer angeblich besonders rational agierenden Experten-Kaste, die jeden Widerstand gegen sie zum irrationalen Wahn erklären kann. Der Bürger ist in diesem Spiel ein NPC, ein „Non-player Character“, wie man Statisten in Videospielen nennt.
Auch Erich Fromm hatte schon früh vor einer Wissenschaftsdiktatur gewarnt. Wer über die Macht verfügt, Dinge als „rational“ oder „irrational“ zu framen, kann die Realität mit jeder ideologischen Schablone neu zeichnen und versuchen, diese der Mehrheit überzustülpen. Am Ende lebt jede Machtergreifung von der Unterwerfung einer Schar Gläubiger. Ob der Glaube irrational ist oder nicht, spielt keine Rolle, solange er existent ist. Auch der blinde Glaube an die Wissenschaft, der Szientismus, ist letztlich nur eine moderne Spielart unserer Neigung zum Aberglauben. Aus der Sektenforschung wissen wir, wie schwer es für Betroffene oft ist, aus geschlossenen Gruppenkulten auszusteigen. Die Gruppenidentität ist für den atomisierten, modernen Menschen wie eine Droge. Der Ausstieg aus dem Teufelskreis der Abhängigkeit kann nur gelingen, wenn die eigene Vulnerabilität für derartige Prozesse erkannt und überwunden wird. Nur die Kultivierung der eigenen Gefühlsebene, das bewusste Training der eigenen Intuition und Urteilskraft sowie die Praxis der Selbstwirksamkeit kann den Bann der manipulativen Unterjochung beenden.
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Corona war das wohl größte, da globale, psychologische Unterwerfungsexperiment der Geschichte. Der faule Zauber hat jedoch nicht bei allen gewirkt. Und bei denen, bei welchen er wirkte, liess er mit der Zeit sichtbar nach. Das Gegenmittel gegen die Macht von Glaubenskollektiven sind übrigens nicht die Glaubenssätze anderer Kollektive, sondern nur die massenweise Entwicklung individueller Glaubenssätze, beginnend mit: „Ich mache da nicht mit.“ Nur die individuelle Abwehrkraft zersetzt die Macht einer übergestülpten Suggestion. Jeder hat grundsätzlich die Macht darüber, zu entscheiden, wie viel Macht über sich selbst er bereit ist, an andere zu übertragen. Die blinde Gefolgschaft und der Gehorsam haben die Menschheit schon immer in die Unfreiheit geführt. Der Schlüssel zur persönlichen Freiheit liegt darin, sich der eigenen psychologischen Vulnerabilitäten bewusst zu sein und diese aktiv zu beseitigen. Denn Freiheit ist immer das Ergebnis persönlicher Arbeit, nie ein Geschenk von anderen. Wer die psychologische Modellierung um uns herum nicht erkennen will oder kann, muss damit rechnen, selbst Baustein der Modellierung zu sein.
Hinweis: Im obigen Video sehen sie den belgischen Verantwortlichen für die Influenza-Pandemie 2007, Marc van Ranst, der erklärt, wie man Menschen mit Statistik in Angst und Schrecken versetzt.
Dieser Text erschien zuerst in der Weltwoche.
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Massenwahn und Methode: Wir müssen die Versklavungsmechanismen der Moderne durchbrechen