Monika Jones: Die Frau, der die Regierenden vertrauen
200 Journalisten bekamen in Deutschland fast 1,5 Millionen Euro von der Regierung. Wenn systemische Korruption zur Selbstverstümmelung der Pressefreiheit wird.
Der Journalismus befindet sich in einer Dauerkrise. Im Kern handelt es sich um eine selbstverschuldete Vertrauenskrise. Der Leser und Zuschauer traut seinen Augen und Ohren nicht mehr, wenn er Mainstream-Zeitungen liest oder öffentlich-rechtliche Programme anschaut. Je nach Umfrage vertraut etwa die Hälfte der Befragten den Medien noch. Unter jüngeren Menschen misstrauen bis zu zwei Drittel der Befragten den Medien. All das ist auch für Journalisten keine Überraschung. In einer Umfrage von 2022 bestätigten gut 65% der Medienvertreter diesen Vertrauensverlust. Im Vorjahr waren es noch knapp 55%.
Gefangen in Informationskulten
Vermeintliche Wahrheitsautorität ohne öffentliches Vertrauen? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk nähert sich immer mehr der Kirche an. Auch sonst sind die Ähnlichkeiten augenfällig. Ob Kirchensteuer oder Zwangsabgabe: man alimentiert bei beiden einen Unfehlbarkeitskult, der miserable Arbeit leistet. Im Fall des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gibt es sogar kein Entrinnen aus dem Informationskult. Wer vom Glauben abfällt oder die Gebühren aus sonstigen Gründen nicht überweist, kann per Beugehaft auf die Spur des Glaubens zurückgebracht werden und muss die nächste Gebührenerhöhung mittragen. Mehr zahlen müssen für schlechtere Leistung: Das ist Macht.
Vor kurzem hat eine Anfrage im Bundestag durch die AfD-Fraktion zutage gefördert, dass die Regierung in den letzten Jahren knapp 1,5 Millionen Euro an Journalisten des Mainstreams gezahlt hat: Für Moderationen, Interviews, Medientrainings, Seminare. Journalisten lassen sich von denen, die sie kritisch hinterfragen und kontrollieren sollen dafür bezahlen, dass sie medial besser aussehen. Wenn der Verrat an der eigenen Funktion zur Norm wird, der Interessenskonflikt also Teil der Geschäftsgrundlage ist, haben wir es mit systemischer Korruption zu tun. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt gesetzlich das Prinzip der Staatsferne. Tatsächlich hält sich die Regierung eine Nomenklatura von Hofberichterstattern und medialen Illusionsmalern.
Dass derartige Deals ein Verrat am Journalismus sind, ist den Beteiligten klar. So erklärt sich, warum man über Geld am liebsten gar nicht spricht. Die Pro7-Journalistin Linda Zervakis ließ zuerst verlautbaren, sie habe für ein (erwartungsgemäß gänzlich unkritisches) Interview mit Bundeskanzler Scholz auf der Digitalmesse „Re:publica“ gar nichts bekommen. Am Ende wuchs das Nichts auf 11 000 Euro. Das Kanzleramt hatte sie als Interviewerin selbst ausgewählt und bezahlt. Zervakis wurde in diesem Moment nicht für Journalismus bezahlt, sondern für PR. Ihre Funktion war es, Filter und Kommunikations-Leibwache zu spielen und den Informationswert für die Öffentlichkeit möglichst klein zu halten. Eine gecastete Bürgersprechstunde hier, ein bezahltes Interview dort: So bewegt sich der Kanzler quasi nie in der echten Öffentlichkeit, sondern stets in einem Kommunikationskokon der Willfährigkeit einer selbst geschaffenen Tele-Realität.
Ein weiteres Beispiel ist „Journalistin Nr. 21", die in der Aufstellung der Bundesregierung wie alle anderen auch, nur mit Pseudonym auftaucht, mit Hinweis auf den „Datenschutz“, der hier als letztes Schutzmäntelchen für systemische Korruption herhalten soll. Warum ist ihre Identität ein Geheimnis? Hat der Bürger nicht das Recht zu erfahren, wen er bezahlt? Im Fall von „Journalistin Nr. 21“ ist ihre Identität unschwer herauszufinden. Sie arbeitet laut Unterlagen der Regierung für die „Deutsche Welle“ und bekam in den letzten zwei Jahren zehn Aufträge für Moderationen, u.a. vom Verkehrsministerium und Bildungsministerium.
Wozu die Geheimniskrämerei?
Am 25.11.2022 moderierte sie für das BMBF den „Quantum Future Award“.
Im Nebenberuf (oder ist das der Hauptberuf?) liest sie Nachrichten bei der „Deutschen Welle“: Monika Jones. Wem der Name nichts sagt: das Phantom ist hier nur Symptom. Und zwar für einen Deal. Wer Nachrichten vorliest, repräsentiert im Mainstream absolute Glaubwürdigkeit. Mit dieser schmücken sich dann Regierungen und Ministerien. Es ist ein win-win: Etwas mehr Glaubwürdigkeit für die Regierung, ein lukrativer Nebenverdienst für die Journalistin. Der Bürger bezahlt die Zeche und bekommt dafür im Gegenzug Journalismus mit einem Informationswert, dem er nicht mehr traut. Bezahlt hat er doppelt: Einmal mit Zwangsgebühren und einmal mit Steuergeldern. Und zwar dafür, dass die Sicht der Regierung verbreitet wird oder diese gut dasteht. Bezahlen für Werbung: Abstruser geht es kaum noch.
Der Web-Auftritt von Frau Jones spricht derweil eine deutliche Sprache: Mich kann man buchen! Der Job der Nachrichtensprecherin scheint eher der Türöffner zur lukrativen Eventbranche zu sein. Über ihre Vita findet man kaum etwas, dafür Listen an Referenzen und Veranstaltungen. Dazu noch etwas Eigenlob über die eigene Covid-Berichterstattung: Fertig ist das Geschäftsmodell mit dem Gebührenzahler als Steigbügelhalter seines eigenen Verrats.
Werden wir bald erfahren, wer Journalist Nr. 27 auf der Liste ist? Er arbeitet u.a. für WDR, NDR und ZDF, bot aber auch Medientrainings und Pressesprecherlehrgänge für das Finanzministerium unter Scholz an. Auch er ist ein medialer Doppelagent. Als Journalist ist es seine Aufgabe, die Regierenden kritisch zu befragen und ihnen die Wahrheit zu entlocken, auf welche die Gebührenzahler einen Anspruch haben. Und zwar mit Distanz zu den Mächtigen. Zugleich trainiert er die Pressesprecher eines Ministeriums darin, wie man Fragen so beantwortet, dass die Öffentlichkeit möglichst wenig erfährt. Training im Scholzsprech. Das ist in etwa so, wie wenn ein Kriminalhauptkommissar im Nebenberuf Verbrechern steuerfinanzierte Seminare darüber geben würde, wie man den perfekten Mord begeht.
All das sind keine Petitessen, sondern Belege für die Dysfunktionalität des aktuellen Mediensystems. Medien sind Mittler, und hier noch dazu Vermittler der Realität. Diese Funktion können sie nur wahrnehmen, wenn sie möglichst interesselos sind. Parteiische Journalisten zementieren zudem Macht. Sie sind Sand im Rad der Demokratie. Ein Personalwechsel in der Politik bedeutet immer auch die Gefahr, einen geliebten Auftraggeber zu verlieren. Gibt es deshalb seit Jahren kaum mehr Rücktritte? Weil sich Journalisten mit Rücktrittsforderungen ins eigene Fleisch schneiden?
Wer zahlt, schafft an
Aus Sicht des Bürgers ist das Ganze ein Etikettenschwindel. Es ist Verbrauchertäuschung. Man bekommt nicht das, wofür man bezahlt hat. Wieso gibt es noch keine Etikettierungspflicht für Journalisten oder eine Pflicht zur Offenlegung von Interessenskonflikten? Wieso wird nicht offen gelegt, wer wie und von wem bezahlt wird? Es wäre im Interesse des Zuschauers zu wissen, welche Interessenlage auf diejenige Person einwirkt, die uns Realität spiegeln soll. Nur dann haben wir eine Chance zu erfahren, ob diese Person die Realität tatsächlich widerspiegelt oder sie uns durch das Prisma eines eigenen Interessenbündels wiedergibt.
Unser Blick auf die Realität kann nur so klar sein, wie er vom Schleier der Interessen befreit ist.
Bei öffentlich-rechtlichen Journalisten ist die mangelnde Staatsferne und Ideologisierung der Tätigkeit ein Problem.
Bei Konzernmedien ist es die Abhängigkeit von Werbung und vom Staat, der über Regulierung und Presseförderung befindet.
Bei anderen Medien ist es die Abhängigkeit von Mäzenen, Stiftungen oder sonstigen Privatinteressen.
Schaut man genau hin, ist der klassische, investigative Journalismus, der allein von den Lesern getragen wird und allein einem Aufklärungsinteresse verpflichtet ist, die absolut krasse Ausnahme. Derweil werden unabhängige Köpfe, wie Matt Taibbi oder Michael Shellenberger, die u.a. die „Twitter-Files“ offenlegten, von der Politik als „angebliche Journalisten“ betitelt. Wen wundert da eigentlich noch der Vertrauensschwund ins System?


Garbage in, garbage out. Jeder Programmierer weiß, dass am Ende nur Mist rauskommt, wenn man Mist reintut. Die Qualität des Journalismus ist letztlich bestimmt durch die Summe der Verfehlungen. Davon gibt es viele. Parteiische Nomenklatura-Journalisten am Tropf der Regierung sind nur die Spitze des Eisbergs:
Merkel informierte ausgewählte Journalisten über die nächsten Corona-Maßnahmen und gab ihnen damit einen Informationsvorsprung.
Wie Julian Reichelt, der Ex-Chefredakteur der Bild-Zeitung offenbarte, wirkte Merkel auf ihre Duz-Freundin Friede Springer ein, die Coronapolitik der Regierung zu unterstützen. Das gelang.
Ähnliche Deals gab es in der Schweiz zwischen Gesundheitsminister Berset und Marc Walder, Chef von „Blick“, der in eigenen Redaktionen und auch in der Medienbranche der Schweiz Unterstützung für die Regierung gefordert hat und dafür Zugang zu exklusiven Informationen bekam.
Nimmt man noch die 300 Millionen der Bill & Melinda Gates Foundation an die gesamte Presselandschaft hinzu (Geld floss in Deutschland u.a. an ZEIT und Spiegel), die Kontakte von Journalisten zu Denkfabriken, Geheimdiensten, Lobbyvereinen und Parteien, dann kommt man in der Gesamtschau ziemlich genau zu dem Ergebnis, dass unser Mediensystem eigentlich noch weitaus mehr Vertrauen genießt, als es verdient.
Man nennt all das übrigens: „Qualitätsjournalismus“.
Vielen Dank, wenn Sie mich bereits mit einem Abonnement oder mit Spenden unterstützen!
Meine Arbeit ist nur durch Ihre Unterstützung möglich, auch wenn ich derzeit die meisten Artikel frei zur Verfügung stelle. Ich kann Ihnen auch manuell ein Abonnement einrichten. Auch Teilabos oder ermäßigte Abos sind möglich, sprechen Sie mich gerne darauf an.
Der Preis für ein Abonnement beträgt 77 Euro pro Jahr oder 7 Euro pro Monat.
Paypal (Senden drücken), bitte Mailadresse nicht vergessen!
Weitere Möglichkeiten auf Nachfrage (Überweisung, Krypto)
Abo (auf “Subscribe now” klicken)
Oder wollen Sie ein Abo verschenken?
Ich glaube, die Zukunft des investigativen Journalismus kann nur darin bestehen, dass die Bürger ihn sich selbst organisieren und bezahlen. Nach dem Vorbild von Friedrich Raiffeisen könnte man Presse-Genossenschaften gründen. Heute ist die Verbreitung von Medien dank Word Wide Web extrem billig, im Unterschied zum Druck auf Papier plus Verteilung.
Sprich man könnte z.B. eine "Presse-Genossenschaft Landkreis Xy" gründen und Journalisten bezahlen, die investigativ arbeiten müssen; eine entsprechende gute Aufsicht ist natürlich A und O der Sache. Sodann kann jedes Genossenschaftsmitglied die Artikel lesen; hier kommt dann auch die Frage der Preisgestaltung. Aber wer hunderte Euro für ein Smartphone und Zeit für Facebook hat, sollte auch Zeit und Geld für qualitativ hochwertige Presse haben.
Thematisch ist es natürlich eine Herausforderung, nicht nur auf kommunaler und Kreis-Ebene zu berichten, sondern auch auf Landes- und Bundesebene. Das können dann mehrere Genossenschaften aber in Kooperation durchaus leisten. Vorerst können sie ja Agenturmeldungen zerpflücken und so ihren Lesern Wertvolles liefern.
Und wie kann man als Souverän diese Journi-Macht brechen? Wie kann man Menschen dazu bringen, Abos aufzulösen, Zeitungen nicht mehr zu kaufen. Wir hätten es in der Hand!