Lieber Milosz, immer wieder berühren mich Texte die die Ungeheurlichkeit von dem was gerade passiert so klar zum Ausdruck bringen, wie die Ihren es tun. Wenn ich mich zwischendurch bewußt fokussiere auf das, was im öffentlichen Bereich abgeht, steigt leider immer noch die Wut und Empörung in mir hoch. Die Fassungslosigkeit über das Unvermögen meiner Nächsten zu sehen was vor ihren Augen inszeniert wird. - Wie sehr wir alle, wirklich alle von Jugend an konditioniert sind auf ein bestimmtes normiertes Verhalten zeigt mir folgende Geschichte. Ich habe ein Haus mit großem Garten irgendwo im alten Osten Deutschlands, mit einem Hund, den ich nicht mitnehmen und nicht allein lassen kann. Bei meiner letzten 5 wöchigen Abwesenheit hatte ich 2 junge Holländer eingeladen die sich um den Hund kümmern sollten. Beide ca 21 Jahre, ziemlich frei aufgewachsen, mit Schulabschluß aber nicht interessiert an 'Karriere' und - ohne Smartphone unterwegs, sie hatten eins, haben es aber entweder verloren oder kaum benutzt. Dafür lebten sie hier sehr eigensinnig, mit Psylocibin im Gepäck, Marihuana usw. Sie rannten ab und zu nackt durch den Garten (ich habe keine direkten Nachbarn), ließen den Hund von der Leine und hielten sich wenig an konventionelle Tageszeiten. Ein paar Nachbarn fanden das amüsant, andere waren eher entsetzt und wenig verständnisvoll. Alle meine Nachbarn sind 'wach' und kritisch. Trotzdem - wer aus der bürgerlichen Rolle fällt wird oft nicht goutiert.
Soweit, so richtig. Interessant wird es, zumal hier auf Jesus rekurriert wird, wenn wir uns den Begriff " Revolte" oder Aufstehen, Aufstand?, genauer anschauen. Zunaechst waere ich, was die Chance des physischen Ueberlebens betrifft, etwas weniger optimistisch. Historisch ist eher das Gegenteil belegt. Unabhaengig davon setzt, wie hier zutreffend beschrieben wird, der Auf - oder Widerstand ein bestimmte Verfasstheit voraus. Diese ist bekanntlich veränderbar. Wer nun an den Zustand des eindeutig nihilistischen Michels denkt, liegt richtig. Dabei wuerde ich nicht einmal an den jesuanischen Widerstand denken, eine reine Utopie. Vermutlich nicht nur in Sch'land. Der postmoderne Mensch ist nicht einmal zu den logisch zwingenden Vorstufen des Aufstandes in der Lage, nicht einmal dann, wenn es ausser ihm niemand merkt. Z. B. bei einer geheimen Wahl. Er ist in einer nahezu perfekten Weise zugerichtet, nicht nur durch die politischen Taeter uebrigens. Wenn nicht alles täuscht, hat sich auch die Zahl derjenigen, welche Jesus folgten, aus vermutlich unterschiedlichen Gruenden, in Grenzen gehalten. Der groessere Erfolg blieb offenbar dem durchaus anders auftretenden und werbenden Paulus beschieden, was nicht sonderlich ueberrascht. Es spricht einiges dafuer, allen berechtigten historischen Vorbehalten zum Trotz, dass ein " Erfolg" der sogen Judenchristen, eher Reformjuden, die insgesamt bessere, leider aber chancenlose Alternative gewesen waere. Heute, in der Postmoderne des Nihilismus, ist es ziemlich schwierig, ueberhaupt etwas zu finden, was so etwas wie Überzeugung und ihre Vertretung generiert. Die aktuellen, ziemlich unspirituellen und emotional neutralen Versuche mit Demokratie, Recht und Freiheit sind mehrheitlich aussichtslos. Sie berühren nicht die Systeme des Gehirns, die aktuell von den bekannten Ideologien besetzt oder zumindest beeinflusst werden. "Dank" der vorher erzeugten konsumistisch / limbischen Leere. Die wird "anderweitig" bedient. Der Glaube oder die Hoffnung, der postmoderne Mensch des "Wertewestens" wuerde sich selbst finden, als Subjekt mit allem, was dazugehört, ist verstaendlich, aber an nichts Konkretem festzumachen. Jedenfalls nicht bezogen auf die Masse, welche das evolutionär geschaffene Angebot der Rationalisierung gerne annimmt. Tatsaechlich wirken hier andere Ursachen. In vielen Faellen muesste man, den Junkies nicht unähnlich, ueber eine Art Entzug nachdenken, eine Entwoehnung, um Raum fuer etwas Anderes zu schaffen. Wie dieser aussehen soll, ist offen. In der Regel geht der Prozess bis zur gewollten? Selbstzerstoerung, psychisch und dann physisch weiter. Anzeichen dafuer gibt es durchaus. Die Konstruktion eines " Feindes" gehoert dazu. Dass der Michel dabei etwas Unbehagen empfindet, bedeutet keinewegs,, dass er sich wehrt. Auch das ist historisch bekannt. Es scheint zudem, dass es eine problematische conditio germanica gibt, in der unter anderem auch die Kirchen eine leider eher unruehmliche Rolle spielen. Eine mehr als die andere. Mit Jesus hat das Alles nichts zu tun. Mit Ideologie und Macht sehr viel.
Ein sehr berührender Text von großer Tiefe, Tatkraft und (innerer) Klarheit - Danke!!
danke Milosz!
Lieber Milosz, immer wieder berühren mich Texte die die Ungeheurlichkeit von dem was gerade passiert so klar zum Ausdruck bringen, wie die Ihren es tun. Wenn ich mich zwischendurch bewußt fokussiere auf das, was im öffentlichen Bereich abgeht, steigt leider immer noch die Wut und Empörung in mir hoch. Die Fassungslosigkeit über das Unvermögen meiner Nächsten zu sehen was vor ihren Augen inszeniert wird. - Wie sehr wir alle, wirklich alle von Jugend an konditioniert sind auf ein bestimmtes normiertes Verhalten zeigt mir folgende Geschichte. Ich habe ein Haus mit großem Garten irgendwo im alten Osten Deutschlands, mit einem Hund, den ich nicht mitnehmen und nicht allein lassen kann. Bei meiner letzten 5 wöchigen Abwesenheit hatte ich 2 junge Holländer eingeladen die sich um den Hund kümmern sollten. Beide ca 21 Jahre, ziemlich frei aufgewachsen, mit Schulabschluß aber nicht interessiert an 'Karriere' und - ohne Smartphone unterwegs, sie hatten eins, haben es aber entweder verloren oder kaum benutzt. Dafür lebten sie hier sehr eigensinnig, mit Psylocibin im Gepäck, Marihuana usw. Sie rannten ab und zu nackt durch den Garten (ich habe keine direkten Nachbarn), ließen den Hund von der Leine und hielten sich wenig an konventionelle Tageszeiten. Ein paar Nachbarn fanden das amüsant, andere waren eher entsetzt und wenig verständnisvoll. Alle meine Nachbarn sind 'wach' und kritisch. Trotzdem - wer aus der bürgerlichen Rolle fällt wird oft nicht goutiert.
Auch nicht von Systemkritikern.
Dein Ostergruss birgt soviel Kraft, ich sage DANKE.
Soweit, so richtig. Interessant wird es, zumal hier auf Jesus rekurriert wird, wenn wir uns den Begriff " Revolte" oder Aufstehen, Aufstand?, genauer anschauen. Zunaechst waere ich, was die Chance des physischen Ueberlebens betrifft, etwas weniger optimistisch. Historisch ist eher das Gegenteil belegt. Unabhaengig davon setzt, wie hier zutreffend beschrieben wird, der Auf - oder Widerstand ein bestimmte Verfasstheit voraus. Diese ist bekanntlich veränderbar. Wer nun an den Zustand des eindeutig nihilistischen Michels denkt, liegt richtig. Dabei wuerde ich nicht einmal an den jesuanischen Widerstand denken, eine reine Utopie. Vermutlich nicht nur in Sch'land. Der postmoderne Mensch ist nicht einmal zu den logisch zwingenden Vorstufen des Aufstandes in der Lage, nicht einmal dann, wenn es ausser ihm niemand merkt. Z. B. bei einer geheimen Wahl. Er ist in einer nahezu perfekten Weise zugerichtet, nicht nur durch die politischen Taeter uebrigens. Wenn nicht alles täuscht, hat sich auch die Zahl derjenigen, welche Jesus folgten, aus vermutlich unterschiedlichen Gruenden, in Grenzen gehalten. Der groessere Erfolg blieb offenbar dem durchaus anders auftretenden und werbenden Paulus beschieden, was nicht sonderlich ueberrascht. Es spricht einiges dafuer, allen berechtigten historischen Vorbehalten zum Trotz, dass ein " Erfolg" der sogen Judenchristen, eher Reformjuden, die insgesamt bessere, leider aber chancenlose Alternative gewesen waere. Heute, in der Postmoderne des Nihilismus, ist es ziemlich schwierig, ueberhaupt etwas zu finden, was so etwas wie Überzeugung und ihre Vertretung generiert. Die aktuellen, ziemlich unspirituellen und emotional neutralen Versuche mit Demokratie, Recht und Freiheit sind mehrheitlich aussichtslos. Sie berühren nicht die Systeme des Gehirns, die aktuell von den bekannten Ideologien besetzt oder zumindest beeinflusst werden. "Dank" der vorher erzeugten konsumistisch / limbischen Leere. Die wird "anderweitig" bedient. Der Glaube oder die Hoffnung, der postmoderne Mensch des "Wertewestens" wuerde sich selbst finden, als Subjekt mit allem, was dazugehört, ist verstaendlich, aber an nichts Konkretem festzumachen. Jedenfalls nicht bezogen auf die Masse, welche das evolutionär geschaffene Angebot der Rationalisierung gerne annimmt. Tatsaechlich wirken hier andere Ursachen. In vielen Faellen muesste man, den Junkies nicht unähnlich, ueber eine Art Entzug nachdenken, eine Entwoehnung, um Raum fuer etwas Anderes zu schaffen. Wie dieser aussehen soll, ist offen. In der Regel geht der Prozess bis zur gewollten? Selbstzerstoerung, psychisch und dann physisch weiter. Anzeichen dafuer gibt es durchaus. Die Konstruktion eines " Feindes" gehoert dazu. Dass der Michel dabei etwas Unbehagen empfindet, bedeutet keinewegs,, dass er sich wehrt. Auch das ist historisch bekannt. Es scheint zudem, dass es eine problematische conditio germanica gibt, in der unter anderem auch die Kirchen eine leider eher unruehmliche Rolle spielen. Eine mehr als die andere. Mit Jesus hat das Alles nichts zu tun. Mit Ideologie und Macht sehr viel.