Zur Hölle mit dem Krieg!
Der Essay von General Smedley D. Butler ist heute aktueller denn je. Eine Rezension.

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Wer nicht in den Krieg muss, lobt ihn leicht. Dieser Gedanke zieht sich beim Lesen wie ein roter Faden durch den Essay von Smedley D. Butler, einem US-General, der nach seinem Dienst eine öffentliche Kehrtwende vollzog. Sein Text "Zur Hölle mit dem Krieg!" (“War is a racket”), geschrieben 1935, stammt aus einer Perspektive, die in politischen Debatten selten Gehör findet: aus jener des Insiders, der sich gegen das System stellt, dem er einst diente. Nähe zum Thema schafft eben Glaubwürdigkeit. Daran leidet naturgemäß jede Politik.
Das nur dreißigseitige Werk, nun auf Deutsch erschienen mit einem Vorwort von Erich Vad, ehemaliger Brigadegeneral der Bundeswehr, konfrontiert den Leser mit einer Klarheit, die kaum noch in den öffentlichen Diskursen durchdringt. Es ist kein pazifistisches Manifest im klassischen Sinne, sondern eine analytische Auseinandersetzung mit den realen Macht- und Geldstrukturen hinter dem Phänomen Krieg.
Das Sonderopfer Bürger
Butlers These ist einfach und provozierend: Krieg ist kein Ausdruck kollektiver Notwendigkeit oder moralischer Pflicht, sondern ein Geschäftsmodell. Es profitieren wenige – überproportional, auf Kosten der Vielen. Stahlkonzerne, Waffenhersteller, Rüstungsinvestoren. Butler zeigt auf, wie deren Profite im Kriegsfall exponentiell steigen. Gewinne von mehreren Hundert Prozent sind keine Ausnahme. Dabei verweist er nicht auf Theorien, sondern auf konkrete Zahlen. Minutiös rechnet er die Profite der einen gegen die Schäden der anderen, der Soldaten, auf. 21 000 Millionäre und Milliardäre auf der einen, Hunderttausende an Körper und Seele versehrte auf der anderen Seite, gekämpft für Medaillenblech und einen halben Werftarbeiterlohn im Dienste von Du Pont & Co.
In intellektuellen Schriften, wie den “welthistorischen Betrachtungen” eines Jakob Burckhardt wird der Krieg ins Metaphysische hinein mystifiziert: als ordnendes Prinzip im Weltgeschehen. Bei ihm klingt Heraklit an, Hegel wird beschworen: Krieg als Ausdruck höherer Ordnung, als Instrument des Allgemeinen. Butler folgt einer utilitaristischen Weltsicht: Wem nützt etwas, wem schadet etwas? Sein Fazit ist überdeutlich, einfach und aktuell: Krieg ist ein schmutziges Geschäft, da er Profite privatisiert und Schäden sozialisiert. Butler beschreibt den Krieg als Durchsetzung von Einzelinteressen – nicht als Manifestation kollektiver Ordnung, sondern als Auflösung derselben. Geht es nicht immer um das Besondere, das als das Allgemeine verkauft werden muss? Freiheit am Hindukusch, Öl im Irak, Schutz der Handelswege…?
Butler folgt der Spur des Geldes und der Frage “Cui Bono?”. Minutös rechnet er aus, wie Stahl- oder Kupferhersteller exorbitante Gewinne während des Krieges einfahren, wie auf einmal die Gewinne von 10, 15 Prozent auf 50, 100, 500 oder über 1000 Prozent anwachsen. Es gäbe keine Kriege, so Butler, wenn nicht jemand von ihnen profitieren würde. Butler ist sicher kein Marxist, aber er zeigt, wie der Mensch letztendlich funktioniert und welche Anreize es braucht, damit der Mensch über Leichen geht. Frei nach Marx könnte man sagen, ab dreistelligen Prozentgewinnen ist der Mensch bereit zum Mörder zu werden und auch andere dafür zu opfern. Der Krieg ist für Butler also das große Sonderopfer der vielen einzelnen letztendlich unschuldigen Menschen für die Profite einiger weniger. Und es ist die Politik, die oftmals –Woodrow Wilson lässt grüßen – entgegen früherer Beteuerungen, letztlich immer wieder in den Kriegskurs eingeschwenkt ist. Politiker sind in dieser Form von Demokratie die Hirten, die das Nutztier zur Schlachtbank treiben.
Krieg darf sich nicht mehr lohnen
Butler sieht nur einen Ausweg: Kriege dürfen sich nicht mehr lohnen. Butlers Vorschläge sind entsprechend pragmatisch, wenngleich illusorisch. Gleiche Entlohnung für Kriegsprofiteure wie für einfache Soldaten – 30 Dollar im Monat. Abstimmungen über Kriegseinsätze nur durch jene, die selbst in den Krieg ziehen müssten. Er will die Anreize umkehren und damit den Krieg als Mittel politischer und wirtschaftlicher Macht unattraktiv machen. Heute dürfte Bitcoin die Finanzierbarkeit von Kriegen mehr gefährden, als es jede pazifistische (Welt)Regierung vermag. In dem Maße wie die Kreditwürdigkeit kriegstreiberischer Staaten sinkt und die Geldentwertung voranschreitet, werden Kriege teurer, bis sie in Bitcoin gerechnet unbezahlbar werden.
"Zur Hölle mit dem Krieg!" ist kein literarisches Werk im klassischen Sinne, sondern ein Dokument moralischer Selbstbefragung. Es richtet sich nicht nur gegen den Krieg, sondern auch gegen die Illusion, man könne über ihn sprechen, ohne dessen Profiteure und Mechanismen offen zu benennen.
Und man sollte nie vergessen: Profiteure des Krieges, wie aller Ausnahmezustände, sind auch Medien und Presse. Parteilichkeit lohnt sich nie mehr als dann, wenn es am meisten auf sie ankommt. Mal heißt Parteilichkeit (wie bei Corona) “Solidarität”, jetzt heißt sie “Sicherheit” und “Verantwortung”. Die Entweihung schöner Worte, die sprachliche Ikonoklastie, ist der Beginn jeder Propaganda.
Die klaren Worte von Butler sind das Gegenmittel.
Smedley D. Butler, Zur Hölle mit dem Krieg! – Mit einem Vorwort von Erich Vad. Fifty-Fifty 2025, 12 Euro/16.20 SFr.
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Wie Butler schon sagt: ohne "Skin in the Game" kann es nicht besser werden. Die Kinder der Kriegsherrscher müssen an die Front (aber nicht als Offiziere!). Oder die Herrscher verlieren alle ihre Bezüge während der Dauer des Krieges.
Oder die Herrscher werden während der Dauer des Krieges auf ein Pulverfass gebunden mit einer öffentlich zugänglichen Lunte. Oder so ähnlich. Wer hat das noch vorgeschlagen? Lichtenberg?🤔
"Das Opfer bringen immer nur die anderen" muss aus der Welt geschafft werden.
(Deshalb lieben die Kinobesucher die Könige, die selbst in die Schlacht reiten, allen voran. Das ist Skin in the Game. Das ist die Definition von Anführer, Führung: mit Beispiel voran.)
Danke für den Hinweis und den Kommentar. Schön, dass es den Text von Butler jetzt auch auf Deutsch gibt. Das engl. O. ist irgendwo im Netz auch gratis oder bei A***/Kindle für 1€ zu finden.- Und in case you don't know: In "Amsterdam" von David O. Russel (ein ganz wunderbarer Film - mit Christian Bale und Margot Robbie) tritt auch Smedley D. Butler auf, gespielt von Robert de Niro.