Die Memefizierung der Welt
Woher kommt die Macht lustiger Internetbildchen, die alle teilen? Teil 1.
Im Frühjahr 2024 postet der Rentner Stefan Niehoff auf Twitter/X ein Bild von Robert Habeck mit dem Titel „Schwachkopf Professional“, in Anspielung auf die Marke „Schwarzkopf“ – Monate später folgte eine Anzeige nebst Hausdurchsuchung und Beschlagnahme von Handy und Computer.
Mit dem Strafgesetzbuch gegen Memes
Dies ist nur eine von vielen Strafanzeigen, die Politiker zuletzt gegen Bürger stellten, die aus irgendwelchen Gründen mit ihnen nicht ganz einverstanden sind und dies plakativ-humoristisch im Netz ausdrückten. Mit dem Strafrecht gegen satirische Memes: so weit sind wir schon längst. Laut Strafgesetzbuch (§ 188 Abs. 1) muss die Tat im Fall des Politikers geeignet sein, “sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren”. Memes vereiteln also schon offiziell die Amtsführung? Meint das die Justiz ernst? Es ist ein verzweifelter und aussichtsloser Versuch, um die Viralität humoristischer Bildchen im Netz irgendwie zu bremsen. Politiker schießen mit Großkalibern auf Spatzen. Wie groß muss die Angst sein? Wie groß die Macht des Humors?
Das Strafrecht wurde 2021 im Bereich der Beleidigung verschärft, bis zu drei Jahre (statt zuvor 1 Jahr) Gefängnis drohen dem, der sich in seiner Politikerkritik im Ton vergreift, auch im humoristischen. Ein klarer Affront gegen Meinungs- und Kunstfreiheit und ein weiterer Baustein des neo-totalitären Staatsumbaus. Robert Habeck ist mit über 800 Strafanträgen der Anzeigenhauptmeister der Bundesregierung. Selbst die Süddeutsche Zeitung, eigentlich das Haus-, Hof- und Magenblatt der woken Nomenklatura, findet: „Etwas dickfelliger sollten Politiker schon sein.“ Ach, wie gnädig.
Das Netz reagierte auf seine Weise auf den Fall, natürlich in Form von Memes. Die Folge der Habeck-Veräppelung? Ein Bumerang, wie so oft. Der „Schwachkopf“ machte erst Recht die Runde. Es folgten unzählige Verballhornungen, Neu-Kombinationen, Replikationen. Der Ehrgeiz der Meme-Community war nun erst Recht geweckt. Ob Habeck seit dieser Episode wohl nun mehr Menschen oder weniger für einen Schwachkopf halten? Wir werden es bei der nächsten Wahl erfahren. Kleiner Tipp: Gegen Humor, Satire und Spott ist kein Kraut gewachsen, schon gar kein strafrechtliches.
Memes sind für die einen nur lustige Bildchen im Internet, die man inzwischen überall findet. Allein 2021 wurden auf Instagram über 1 Million Memes geteilt. Doch Memes sind weitaus mehr. Jedes Ereignis, egal wie trivial („Charlie bit my finger“) jeder Politiker, jede virale Szene oder ein ikonischer Filmausschnitt mit Kommentar zu einer Situation kann es zum Meme bringen, zu einer kleinen viralen und reproduzierbaren Verewigung im Netz, die sich von Hirn zu Hirn im Eiltempo fortpflanzt. Memes sind der kondensierte, zugespitzte Kommentar, das ultimative Gefäß für Inhaltsbotschaften, welches jede Situation auf den Punkt bringen kann. Die qualitative Bandbreite geht dabei von Latrinenschmiererei, Gossenhumor und Flüsterwitz bis hin zur kunstvollen Elaboration.
War Satire je mächtiger?
Die Macht der Memes kann kaum unterschätzt werden. Als satirische Kurzform, die eine kleine oder große Wahrheit mit Humor unters Volk bringt, können Memes wahlentscheidend sein. Die letzte US-Wahl wurde auch dank Memes (und Musk) gewonnen. Nichts zieht so viel Aufmerksamkeit auf sich, wie gute Memes. Musk tweetete einmal: “Wer die Memes kontrolliert, kontrolliert das Universum.”
Ein paar Zahlen:
75% der Internetnutzer zwischen 13 und 36 teilen Memes, 30% davon täglich.
Fast 40% der Internetnutzer folgen Meme-Kanälen.
Ein Millennial sieht täglich ca. 20 bis 30 Memes.
Im Bereich Marketing haben Memes eine um 60% höhere Interaktionsrate als andere Werbeformen und erreichen zehnmal mehr Menschen.
Der größte Meme-Kanal auf Reddit zählt 35 Millionen User.
Der Markt für Memes soll 2025 ein Volumen von sechs Milliarden Dollar erreichen (nach 2,8 Milliarden in 2020).
Firmen, wie Balenciaga, Gucci, Tinder, McDonalds oder Dennys führten erfolgreiche Werbefeldzüge mit Memes durch. Woke Kampagnen von Pepsi (Kendal Jenner), Bud Light etc. sowie der Film Morbius wurden durch Memes zerstört.
Bekannte Memes wie “Disaster Girl”, “Bad Luck Brian” wurden teils für hunderttausende Dollar als digitale Kunst in Form von NFTs, („non-fungible token“) verkauft, das Hunde-Meme “Doge” erzielte nach heutigem Kurs über 7 Millionen Dollar. Die Domain nfts.com erziehlte rekordverdächtige 15 Millionen Dollar.
Die Meta-Sprache des Internets
Wie erklärt sich der Siegeszug der Memes? Wie konnten harmlose kleine Artefakte das Netz in eine einzige große Meme-Maschine verwandeln? Memes sind heute die “Meta-Sprache” des Internets, das Esperanto des Netzes, welches auf der ganzen Welt gesprochen wird.
Der Begriff „Meme“ wurde 1978 von Richard Dawkins geprägt. Das „Mem“ ist das kulturelle Gegenstück zum „Gen“. Beide reproduzieren und verändern sich durch menschliche Interaktion und Kombination. Memes sind dabei noch schneller als Gene. Die derzeitige Lebensdauer von Memes beträgt meist nur wenige Monate. Susan Blackmore („The Meme Machine”, “Die Macht der Meme“) stellte die These auf, dass der Mensch letztlich nur ein Reproduktions-Vehikel für Memes ist, ein Gefäß für Nachahmungsakte.
Das soll auch ein biologisches Selektionskriterium sein: Nicht primär wer innovativ war und ständig das Bestehende in Frage stellte, hatte evolutionär einen Überlebensvorteil, sondern wer am besten nachahmen, replizieren oder anpassen konnte. Die Zurschaustellung des kulturellen Kapitals zeigt sich heute u.a. im Phänomen der Mode: Wer repliziert und mit dem Trend geht, signalisiert Zeitgenossenschaft und memetische Kompetenz. Mode als Währung im Kampf der memetisch am besten Angepassten zur Erhaltung der Art.
Memes sind zugleich das Erkennungszeichen einer virtuellen Stammeskultur. Wer manche Memes verstehen will, muss sich in bestimmten kulturellen Sphären bewegen, muss Star Wars, Herr der Ringe oder Pulp Fiction nicht nur gesehen, sondern auch verstanden haben, teils in Nuancen. Das Erstellen oder Teilen selektiver oder kryptischer Memes ist im Netz zu einer Währung geworden und steigert das, was Pierre Bourdieu mal das „kulturelle Kapital“ genannt hat. Memes sind eine Code-Sprache, die auf Insiderwissen beruht, es gibt ein eigenes memefiziertes Akronym für diese Phänomen: „Iykyk“ (if you know, you know).
Jede Subkultur identifiziert sich über ihre eigenen Memes. Ein gutes Beispiel dafür ist Bitcoin, ein ebenso virtuelles Artefakt. Bitcoin wurde von einem belächelten Nischenphänomen zur erfolgreichsten Vermögenswertklasse der Welt, um welches sich inzwischen große Vermögensverwalter und Regierungen reißen.
Wie hoch war das Marketing-Budget von Bitcoin? Null. Es waren u.a. Bitcoin-Memes, der Lasereyes-Trend, eigene Akronyme (schlagen Sie ruhig nach: HODL, BTFD, REKT, FOMO), gepaart mit geldpolitischer Aufklärung, welche die Idee des dezentralen, nichtzensierbaren Geldes einer breiten Bevölkerung näher brachten. 40% der Amerikaner besitzen nun Kryptowährungen. Die Überschneidung zwischen kritisch Denkenden, Free-Speech-Maximalisten, Bitcoin-Besitzern, Libertären und Meme-Fans darf als äußerst hoch gelten. Oder anders gesagt: die kulturelle Hegemonie der Linken, ein seit Gramsci durch Infiltrierung der Universitäten und des Kulturbetriebs betriebenes Projekt, wird gerade von lustig-aufklärerischen Internetbildchen pulverisiert.
Jeder weiß und sieht es: „The left can`t meme.“
Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
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Memes sind noch mehr. Mehr dazu in Teil 2 dieser kleinen Serie.
Ich wünsche Ihnen mit diesem Text nun noch fröhlichere Festtage! Nicht vergessen: Auch Jesus war ein Schwurbler.
Sie haben ein paar gute Memes auf Lager? Schicken Sie sie mir und ich bringe eine Auswahl hier im Blog (Achtung: ich bin memeverwöhnt): kontakt@idw-europe.org
Hier noch ein “Weihnachtsgruß” vom neuen syrischen Machthaber, bzw. vom unverwechselbaren, unerreichten Berliner Memelord “Snicklink.” (hier Teil 1).
Herzlichen Dank, dass Sie meine Arbeit unterstützen!
Ich kann Ihnen auch manuell einen Zugang zur Publikation einrichten, wenn Sie lieber per Paypal, Überweisung oder Bitcoin (einmal Jahresbeitrag, ewiger Zugang) bezahlen. Sie erreichen mich unter kontakt@idw-europe.org
Lieber Milosz,
ich wünsche Dir gesegnete Weihnachten. Du bist wichtig, Du ermunterst, tust gut, schaust hin. Seit langem.
Zu diesem Text, der seine Meriten hat, möchte ich ein paar Anmerkungen liegen lassen.
1. Das Netz ist nicht alles. Weil es eine Abhängigkeit schafft, penetriert und festschreibt. Wenn ich das Haus verlasse, sehe ich 9 von 10 Personen mit dem digitalen Brett vor dem Kopf, das Hier und Jetzt ausblendend. Auch wenn Du unabhängig bist, die meisten sind und wollen das gar nicht.
2. Humor ist der Nagel, an dem man eine ganze Welt aufhängen kann. Hat Wilhelm Raabe rechtens postuliert. Es gibt nichts Durchschlagenderes als subversiven Humor. Das haben wir vor allem von den vermaledeiten britischen Insulanern gelernt, Swift, Sterne, Dickens, Carroll. Wir haben auch Hochkaräter wie Ringelnatz, Karl Kraus, Tucholsky. - Aber im Netz sind viele Blasen, manche Memes sind ja nur für echte Insider entschlüsselbar. Das mehrt die Freude, aber mindert die Reichweite.
3. Analog oder digital?
Freilich, eine rhetorische Frage. Es scheint sich alles Progressive ins Digitale verlagert zu haben. Das halte ich für gefährlich in multipler Hinsicht. Sowohl subjektiv wie objektiv. Wer seinen Humor im Netz verausgabt, seine Ideen an blogs und Plattformen verschwendet, wird dafür meistens im Analogen, im Alltag (schon mangels clicks usw.) Schmalhans Küchenmeister sein lassen. Fatal, fatal. Jedenfalls kenne ich einige solcher "Digifreaks".
4. Cui bono?
Die Gretchenfrage, auch hier.- Wir liefern Daten, mit jedem, auch originellen Input ins Netz.- Wer im Netz flaniert, konsumiert erstmal. Viel. Wie siehts mit dem Verdauen aus??? Auch memes verblassen. Noch schneller als vieles andere, was für immer in Stein und nicht in Binäres gemeisselt bleiben sollte. Die Reflexion leidet, die Handlungsimpulse reduzieren sich auf Tastatur und websites.
Wir werden noch viel lernen (müssen). Optimismus schwächt sich dann, wenn er sich auf Mittel verlässt und das Gegebene für sicher und haltbar hält.
Dennoch: Danke für alle Anstösse, alle Deine wunderbar eloquenten Analysen!
Humor ist die geistreichste Waffe gegen Totalitarismus.
Humor entfremdetet Tatsachen im „geframten“ Kontext und präsentiert deren Inhalte in einem entspannten, freien, unangreifbaren Raum.
Perfekt.
Die allgemein anerkannte Kritik erscheint im Harlekinkostüm.
Demonstriert EINIGKEIT und Übereinstimmung. Humor ist ein ANTI- SPALT-Programm und hat die Lacher auf „seiner“ Seite.
Ein voller Erfolg.
Humor ist ein Affront für den humorlosen Kleingeist und eine unlösbare Aufgabe für algorithmische KI 😂.
Haß und Aggression werden transformiert. 🤣 ….in positive Energie und in wohlige Gefühle.
Manchmal tutˋs auch ein Memes ohne Bild. 😁
Dings….Baerbock zu Habeck…Du, - habˋ gestern Tatort geguckt. Der Kommissar war erkältet… habˋ ich direkt umgeschaltet….dings..will mich ja nich anstecken.
Darauf Robi….Mensch, wie doof…hättste doch nur ´ne Maske aufsetzen müssen…😂
Einmal doof, immer doof….dank an Barbra Streisand.
Fröhliche Weihnacht……..🎶🎶🎶