Wie kommt eigentlich eine neue Welt auf die Welt?
Die Zeugung ist geistig, doch für den Rest braucht es eine neue Disziplin: kollektive Selbsttranszendenz.
In diesem Auftakt-Text zum Themenfeld Selbsttransformation schrieb ich, dass wir in Krisensituationen die Wahl haben zwischen dem aktiven und dem passiven Weg. Wer den aktiven Weg geht, landet unweigerlich bei der Frage aller Revolutionäre und Vorausdenker, von Tschernyschewski bis Lenin:
“Was tun?”
Die Antwort auf diese Frage muss sich jeder selbst geben. Doch genügt es, sich dem Mahlstrom der Zeit einfach nur zu entziehen? Wer in ein Vakuum flüchtet, erleidet das Schicksal des biblischen Jonah im Bauch des Wals, der letztlich immer wieder vom Schicksal an den Startpunkt der eigenen Mission gespült werden wird. Wer an der Zerstörung des Alten arbeitet, den erwartet am Ende als Ergebnis ein Nichts. Man stösst das, was ohnehin fällt, verpasst den Zeitläuften jedoch lediglich einen Nackenklatscher.
Es gab nie einen Fortschritt der nicht vorausgedacht wurde. Die Transformation der Welt im Materiellen folgte stets dem Impuls aus dem Geistigen, Spirituellen. Da jeder Mensch zu einem solchen Impuls fähig ist, ist die Frage der Veränderung die Aufgabe eines jeden: Impulse zu setzen, die in anderen Resonanz erzeugen, bis die Schwingungslage der geistigen Welt die bestehende Welt alt aussehen lässt.
In der Lehre der Hermetik ist nach dem ersten Gesetz letztlich „alles geistig“. Ist die materielle Veränderung nur die Kristallisation der Gedanken, das Ergebnis einer nicht immer erklärbaren Verhakung und Verkettung von Gedanken zu Zweifeln, zu Bewusstseinszuständen, zu Wissenszuständen? Nach Pierre-Simon Ballanches Fortschrittsthese geschieht eine Höherentwicklung der Menschheit zu einer neuen Kulturstufe, wenn das Arkanum der alten Elite zum geistigen Allgemeingut breiter Schichten wird. Je mehr Menschen eingeweiht sind in die Mysterien des Gemeinwesens (und auch die Moderne liebt die mythologische Vebrämung) desto eher kann sich Anteilnahme an der Neujustierung des Gemeinwesens ergeben. Veränderung setzt Wissen über das Gegenwärtige voraus. Doch das genügt nicht.
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Kollektive Selbsttranszendenz
In „Du musst dein Leben ändern“ beschreibt der Philosoph Peter Sloterdijk den Gedanken der Selbsttranszendenz durch eine Form der Lebensathletik. Ob Quantify-yourself-Bewegung, Biohacking oder Selbstoptimierung: In eigener Sache ist der Mensch bereits (hyper)aktiv. Megatrends wie Lebensverlängerung, aber auch das Streben nach nächsten Höchstmarken, ob im Sport oder im Beruf, zeugen von einem bestehenden, aktiven Veränderungswillen.
Doch dieser betrifft die persönliche Ebene. Die kollektive Selbsttranszendenz ist bisher nicht weit über die Bildung eines medialen Erregungskollektivs hinausgekommen. Wann und wie wird aus einem Erregungskollektiv eine Veränderungs- und Gestaltungsgemeinschaft? Dem Erreichen der nächsten Kulturstufe geht das Wunder der Vernetzung voraus. In Zeiten von Kontaktschuld, Egomanie, Atomisierung und Vereinsamung ist der einfache und direkte Weg vom Ich zum Du schon ein Akt der Subversion.
Hannah Arendt erkannte in den 1950ern: Der Totalitarismus beginnt nicht mit Gewalt, sondern mit der Zerstörung der Pluralität. Heute geschieht genau das – nur eleganter, algorithmischer, mit einem Lächeln. Die digitale Orthodoxie braucht keine Gulags. Sie hat Filterblasen, algorithmische Gitterstäbe. Alexis de Tocqueville warnte 1835 vor einer "sanften Despotie", die "die Menschen nicht tyrannisiert, sondern sie entkräftet; sie bricht nicht den Willen, sondern sie erweicht, beugt und lenkt ihn." Für ihn schien der Weg in Massenformationen unausweichlich. Mattias Desmet hat die psychologische Massenbildung während Corona beschrieben. Gerade erleben wir die nächste Massenformation zum “Kollektiv der Kriegstüchtigen”.
Was also dem Individuum gelingt, und seien es nur die Parameter seines enhanceten Wohlbefindens, bleibt dem Kollektiv bislang verwehrt. Wir haben bisher keine Disziplin der kollektiven Selbsttranszendenz entwickelt. Unsere Gruppen zerfallen entweder in destruktive Massen oder in sektiererische Zirkel. Wir sind Analphabeten in der Kunst des bewussten Miteinanders.
Wo es einen Weg hinein gibt, gibt es einen Weg heraus. Wie sähe der umgekehrte Prozess der Massenformation aus? Das Reverse Engineering? Wie entmasst man sich, sodass sich der Spuk der kollektiven Angstpsychose auflöst, beginnend vom Einzelnen?
Das Reverse Engineering der Massenformation
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